ZELTCHRONIK

Auf dieser Webseite findet Ihr
Chanukka 5777 / unsere Feier am 30.12.2016
Sukkot 2016
8. Oktober 2016: Reb Goldie Milgram bei Ohel Hachidusch
Schawuot, 12. Juni 2016 / 6. Siwan 5776
Pflanzfest 2016
Pessach 5776 - 2016
5. Dezember 2015: Jonas Samuele wird Bar Mitzwa
30. und 31. Oktober 2015: Tehillim-workshop mit Chasan Jalda Rebling
Sukkot 2015
Taschlich in Gatow 2015
Schawuot 5775
10. Mai 2015: Pflanztag in unserer green shul
Unser Seder am 4. April 2015
Unsere Purim-Feier 2015
24. Januar 2015: Noa wird Bat Mitzwah
16. November 2014: Mitzvah Day bei Ohel Hachidusch
15. November 2014: Bejt HaChidusch zu Gast bei Ohel HaChidusch
8. Oktober 2014: Sukkot 5775
17. August 2014: Zalman-Fest für Reb Zalman Schachter-Shalomi
28. Juni 2014: Willkommen als Bat Mitzvah, liebe Mathilda
Ohel HaChidusch und unser Wimpl zu Gast in Erfurt
Pessach 2014
Pflanzfest in Gatow 2014
30. November 2013: Erew 4. Tag Chanukka/ Schabbat Miketz
24. November 2013: Wir ziehen unsere eigenen Chanukka-Kerzen
17. November 2013: Mitzvah Day in Germany
Jona Kirchners Buchvorstellung am 26. Mai 2013
5. Mai 2013: Pflanztag in Gatow
12. und 13.April 2013: Schabbaton mit Kantorin Jalda Rebling
Pessach 2013
Simchat Chochma und Tu biSchwat
22. Dezember 2012: Unsere erste Bat Mitzwa Feier
Simchat Tora 2012
Sukkot 2012 - 5773
Rosch Haschana 2012 - 5773
3. August 2012/ 15. Aw: Ein Tu be Aw Foto-Spaziergang in Gatow mit Gaby
Ohel Hachidusch hat ein "Writing Girl"
1. Juli 2012: Rabbi Tsvi Blanchard bei Ohel Hachidusch
Purim 2012
Pessach 5772 - 2. Seder im Zelt von Ohel Hachidusch
Schiur mit Rivka Jaussi am 24.März 2012
Pflanztag auf unserem Oekofeld am 18.3.2012/24. Adar 5772
Tu biSchwat 2012
Global Day of Jewish Learning: 13. November 2011/ Cheschwan 16, 5772
Sukkot 2011
24. Tischri 5772 - Schabbat Bereschit - Unser erster Bar Mizwa
Ein wahres Sukkot-Märchen von Rita Reinicke
Pflanzenfreundschaften
27. August 2011: Schabbes Mincha Lernen mit Rabbi Dr. Goldie Milgram
Öko-Kaschrut II: Unser Bio-Feld im Sommer 2011
Lag baOmer 2011 und Öko-Kaschrut
2. Sederabend 2011/ Erew 16. Nissan
Lernfest fuer Lilith und eine ganz besondere Menora
Tu biSchwat 2011
Lernfest für Rabbiner Leo Trepp sel. A.
Sukkot 2010
Ohel Hachidusch hat ein neues Zuhause
Beth Jacob Thora in Berlin
Januar 2010: Fotos von Shir Tikvah
Bericht über unser Thorafest am 28. November 2009
Artikel von Rabbiner Arnie Sleutelberg aus Troy/ Michigan, USA


Artikel zu unseren früheren
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Chanukka 5777 / unsere Feier am 30.12.2016
Fernab vom Großstadttrubel versammelten sich die Ohelistas und ihre Freunde und Familien in der Remise in Gatow. Der große eiserne Ofen bullerte beruhigend warm und hell, der ganze Raum war in dämmriges Licht gehüllt, trotz schon winterlichem Wetter war es wohlig warm.
Nach und nach trafen alle ein: Große und Kleine, viele Kinder mit selbstgebauten Chanukkiot, die Erwachsenen mit den Chanukkias, die sie vielleicht von ihrer Mutter, ihrem Vater, anderen Verwandten zu treuen Händen als Tradition mitgegeben bekamen.




Schön auch, dass die „Tempelband“ Lieder vorbereitet hatte und die fotokopierten Texte verteilte, damit alle mitsingen konnten. Als Jalda die Feier begann, war der Raum gut gefüllt mit erwartungsfrohen Gesichtern – und es kamen immer noch weitere dazu.
Die spannende Frage war: Welche Kerzen müssen zuerst gezündet werden? Denn es war ja auch Schabbatbeginn und so richtig sicher war sich niemand mit der Antwort…  Aber dann die Auflösung: Natürlich zuerst die Chanukkalichter, dann die Schabbat-Kerzen, denn an Schabbat darf nicht gearbeitet, darf keine Kerze angezündet werden. Und als das geklärt war, ließen sich vor allem die Kinder nicht mehr aufhalten – sie wollten endlich ihre schönen Chanukkiot leuchten sehen!
Doch halt! Von welche Seite werden die Kerzen angezündet? Von links nach rechts? Umgekehrt? Die neueste Kerze zuerst? Was ist mit der neunten Kerze? Welche Brachot sind zu sprechen? Diesmal ließ uns Jalda nicht zu lange im Ungewissen, erklärte die Aufgabe der „Schamasch“ und es war schnell klar:  von links nach rechts, die „neueste“ Kerze beginnt.
Ja und dann gab es die Chanukkageschichte: vom Kampf gegen die Besatzer, deren Verbot, jüdisch zu leben, die Gesetze einzuhalten, die Feste zu feiern, die Gedenktage zu begehen, den Tempel zu besuchen. Von den Tricks, doch den Unterricht in der Jeschiwa weiterzuführen. Zur Tarnung das Treideln als Spiel, falls eine Kontrolle erfolgt. Wir hörten von den starken Frauen im Widerstand, in diesem Untergrund- und Partisanenkampf, wie jeder Krieg hässlich und grausam, aber gerade dieser auch unvermeidbar. Und von der Rolle der Frauen, die aktiv Seite an Seite und auf Augenhöhe mit den Männern diesen Kampf führten.
Und natürlich das Wichtigste: der Sieg und Erfolg, die Vertreibung und der Abzug; die Neueinweihung des Tempels, die aber schon fast ein Neubau war, so sehr war er geschändet und entweiht geworden. Und dann die scheinbare Unmöglichkeit, dass der Leuchter im Tempel so lange brannte, bis neues , geweihtes Öl produziert worden war – 8 lange Tage , obwohl der kümmerliche Rest, der noch vorhanden war, höchstens für einen Tag reichen konnte.
Auch über den scheinbaren Zusammenhang von Weihnachten und Chanukka, die oberflächlichen Ähnlichkeiten, über die tatsächlich aber vorhandenen gravierenden Unterschiede und die nicht-Vergleichbarkeit wurde diskutiert und gesprochen.
Alle hatten sich um die zahlreich brennenden Chanukkaleuchter versammelt und hörten gebannt zu. Es ist ein Fest des Lichts, der Freude ja, aber wie so viele unserer Feste auch eines, das aus Not und Verfolgung entstand und neben Lust und Schönheit auch einen ernsthaften, einen nachdenklichen Moment inne hat.



Natürlich gehört zu jedem jüdischen Fest ein leckeres und ausführliches Essen – auch diesmal wieder gekrönt von einer köstlichen Suppe, die Rita uns gekocht hatte und vielen anderen Sachen, die mitgebracht worden waren. Nicht zu vergessen der Austausch aller unter einander, denn viel zu selten besteht die Möglichkeit, sich in diesem großen Kreis zu treffen.
Die Tempelband sorgte für Stimmung mit Liedern zum Mitsingen und so ging ein wundervoll heller leuchtender Abend zu Ende. Le Chaim!



Text: Esther Trapp            Fotos: Anna Adam und Esther Trapp


Sukkot 2016
Wie schon zu vielen schönen Sukkot-Festen zuvor, baute Anna mit fachkundiger Hand und geschickten Helfern in Ritas Garten das Gerüst der Sukkah aus alten ausgedienten Holzpaletten und Latten.  Die Ohelistas kamen nach und nach herbei und wurden schon im Herannahen vom wunderbaren Geruch des Holzfeuers in Ritas und Ulis Hof der Gatower Remise festlich bezaubert. Jalda zog mit den Kindern und allerlei Volks von Ohel Hachidusch zum Feld, um dieses mit begeisterten Kindern und Erwachsenen abzuernten, damit es der Sukkah zum Schmuck und unserem Erntefest zur Freude diene. Viele schöne Kürbisse, Quitten, aber auch Strauchwerk für das Dach der Hütte vom Kürbis waren noch auf dem Feld zu finden. Nicht zuletzt Karotten, Zwiebeln, Mangold und Fenchel, wie auch unser prächtiges Salbeibeet zum Erntesegen beitrug. Und richtig, Anna baute mit den Helfern und schmückte mit den Kindern die schönste Sukkah, die Ohel Hachidusch je hatte.
 




Und bestimmt die einzige in Berlin, die einen Granatapfelbaum mit Früchten am Eingang hatte.
Dieser, liebevoll von Rita Reinicke im Botanicum gehegt, wurde uns eigens für die Sukkah geliehen. Die Frucht wird mehrfach in der Torah erwähnt. Der Granatapfel soll 248 Kerne haben,  genauso viel wie die positiven Mitzwot.  Mit seinen vielen edelsteinfarbenen Fruchtkernen ist er zuerst ein Symbol für die Einheit in der Vielheit, für Fülle und für schöpferische Gestaltungskraft, für Erneuerung und Fruchtbarkeit.

                                         

Aber bevor es zum Kiddusch in unserer Sukkah und dem anschließenden Essen in Rita und Uli Reinickes herbstlich geschmückter Remise geht, ein kleiner Exkurs: 
Kein jüdischer Feiertag ist beliebter unter amerikanischen und israelischen Umweltschützern als Sukkot. Mit seinen landwirtschaftlichen Wurzeln und seinem Gebot, verbundener zur Natur für eine Woche in provisorischen Hütten  zu wohnen, ist Sukkot das sine qua non von jüdischem Umweltschutz. Was ist schöner als unter dem zu verweilen, was selbst angebaut wurde? Essen, trinken und zu feiern,  unter  jahreszeitlich entsprechenden Früchten, die von den Dachsparren der Sukkah hängen?
Wir produzieren jedes Jahr einen massiven Co2-Fußabdruck, wenn wir aus Sukkot ein Fest des Überflusses machen statt seiner Botschaft, nachhaltiger zu leben und mehr in Übereinstimmung mit den Jahreszeiten zu folgen. Wir sprechen hier auch über Lulav und Etrog, die Palmzweige, Myrte, Bachweide und dem Feststrauß. Sie werden aus Israel eingeflogen und en masse verschickt an Jüdische Gemeinden, die keine Palmenbäume oder Etrog-Haine wachsen lassen können, überall dorthin, wo es Winter gibt. Die Mitzwah der arba mimin, das Gebot des Nutzens und Schüttelns der vier Arten, das für Sukkot erforderlich ist, wurde abgefasst in einer Zeit und an einem Ort, wo diese vier Arten alltäglich waren, regional und erneuerbar. Maimonides schrieb Hilchot Sukkah, in welchen er das Gebot für Etrog und Lulav erläuterte, in Ägypten, wo Etrog, Palmenbaum, Bachweide und Myrthenbätter zu finden waren wie eine gute Tasse Kaffee in Rom heutzutage.
Umringt von den Kindern steht Jalda im Inneren der wunderschönen Sukkah und fragt die Kinder: „…könnt ihr durch das Dach den Himmel sehen?“ Ond als diese bejahen, erklärt Jalda die Sukkah für koscher und sagt mit ihrer schönen Stimme den Kiddusch.



Und so erinnerte uns Jalda beim Essen noch an die allen Juden bekannte Tradition, nach der Rabbi Jochanaan sagte: Man schwenkt den Lulaw zur Ehre G'ttes hin und her, denn G'tt gehören die vier Himmelsrichtungen; man hält ihn zur Ehre G'ttes nach oben und unten, denn G'tt gehört der Himmel und die Erde. Wie die Zitrusfrucht sowohl Geschmack habe als auch einen lieblichen Geruch, so gäbe es in Israel Menschen, die sowohl gelehrt sind als auch ihren Glauben leben. Wie die Früchte des Palmzweigs zwar Geschmack haben, aber geruchlos sind, so gibt es in Israel Menschen, die zwar gelehrt sind, aber ihren Glauben nicht leben.

Wie die Myrtenzweige zwar einen lieblichen Geruch haben, aber ungenießbar sind, so gibt es Menschen, die gute Werke tun, aber keinerlei Gelehrsamkeit besitzen.
Wie die Weidenzweige weder essbar sind noch einen angenehmen Geruch verbreiten, so gibt es Menschen, die weder gelehrt sind noch gute Werke tun. Aber alle gehören zusammen.
Denn wie es heißt: G'tt - die Heiligkeit G'ttes sei gepriesen - sagt: Damit Israel nicht untergeht, lasst sie alle zusammengebunden sein, wie die Pflanzen zu einem Bund zusammengebunden sind, so dass die Gerechten unter ihnen für die anderen Sühne bewirken. Und auf uns bezogen, erinnerte uns Jalda, das auch wir selbst oft das eine und das andere sind und nur in allem zusammen ein Segen. Und so hatten wir für den Etrog die Quitte von Jaldas Baum auf unserem Feld. Für den Palmenzweig gab es den Zweig einer Palme im Topf,  es  gab die ortsübliche Weide aus Ritas Garten und die Myrte von einem Blumentopf. All diese Zutaten für den Lulav haben wir selbst geerntet von Feld und Botanicum und die Idee, die Dinge zu ersetzen, stammt, wie mir Anna schrieb, von Rabbi Jan Salzman aus Vermont USA, jetzt Rabbi in Burlington USA.

Noch ein Exkurs zu den Rabbis: Diese sagen, dass alles, was auf der Erde existiert, sein spirituelles Gegenstück im Himmel habe. Wenn man das an Sukkot bedenkt, fragt man sich, ob nicht G’tt in einem spirituellen Sinne auch eine Sukkah hätte. Und wenn dem so wäre, was benutzt ER für das s’chach, für das Dach über dem Gebilde oben? Wir benutzen die abgeschnittenen Stiele mit Blättern der Kürbispflanzen unseres Feldes. Die Reste unserer Ernte.
Während Rosh Hashanah, den Tagen der Umkehr und Yom Kippur bekennen wir unsere Fehler und Blindheiten vor G’tt. Wir haben das Ziel, diese Fehler zu beheben und uns selbst zu erneuern. Die Rabbis sagen, dass in der Anstrengung, in der wir uns selbst in bessere Menschen transformieren, die Fehler verlassen und Teschuvah tun, jede erkannte Sünde zum Trittstein zum Guten wird.  Jede Übertretung  wird emporgehoben vom niedrigen Platz ihrer Entstehung in eine Position der Ehre, und bringt uns näher zu G‘tt. Vielleicht sind die Hüllblätter und Verschnitte, aus denen das s’chachon, das Dach von G’ttes Sukkah gebaut wird, die Fehler, die wir abgelegt haben? Je hässlicher und niedriger der abgelegte Fehler ist, welcher zum Guten gewendet wurde während Yom Kippur, um desto mehr Simcha (Freude) bringt es zu G’ttes Sukkah.
Es ist doch so: Wenn wir singen und essen und trinken im Schatten der abgelegten Triebe der Pflanzen unseres Gartens und Feldes, inmitten der Früchte des Feldes, sitzt G’tt vielleicht unter dem Verschnitt seines Weingartens und macht ein freudvolles le-chayim mit uns. Und wenn ER das macht, entzückt über Seine Ernte, schaut er durch die Schnitte des vergangenen Jahres und sieht in ihnen nun die Segnungen. Und so essen und trinken wir in der warmen gemütlichen Remise in Gatow, die uns Rita und Uli so schön hergerichtet haben, zehren von Annas und der Ohelistas wunderbaren Sukkahbaukünsten und Jaldas schönem Kaddisch und segensreichen Worten. Wir essen von Ritas wunderbarer Kürbissuppe, die von einem duftenden Holzfeuer im Hof zum Kochen gebracht wurde,  ihren wunderbaren Käsekuchen und genießen unsere anderen mitgebrachten Speisen aus eigener Produktion zu den selbstgebackenen Challe-Broten. Chag Sameach!
 
Text: Romy Koecher          Photos: Anna Adam



8. Oktober 2016: Reb Goldie Milgram bei Ohel Hachidusch
An Schabbat Schuwa / 6. Tischri 5777 hatten wir wieder einen besonderen Gast.
Rabbi Goldie Milgram.
Es begann mit einer Begrüßung in der Remise und ging dann zu einer wunderbaren Meditation ins Botanikum, dem paradiesischen Ort wenige Meter weiter, welcher mit seiner schier endlosen Fülle an gerade noch blühenden Pflanzen und den herbstlich golden werdenden Blättern der umfassenden Bäume durch Reb Goldie Milgrams Mincha Meditation für uns noch einmal in ganz besonderem Licht aufleuchten liess.  Rita Reinicke hat im großen Garten des Gutshofes ein Botanikum gepflanzt, das in die vier Bereiche Judentum, Christentum, Islam und Buddhismus aufgeteilt ist. Dort wachsen Pflanzen, die in den Texten der jeweiligen Religion erwähnt werden. Im jüdischen Teil des Gartens wachsen Salbei, Granatäpfel, Oliven und Wein. Im buddhistischen Bereich steht ein Ginkgo-Baum, im christlichen Teil steht ein Klostergarten mit Heilkräutern nach Hildegard von Bingen und im islamischen Teil wachsen Minze und wunderschöne Damaszener Rosen.
Reb Goldie Milgram aus Philadelphia (USA)hat zahlreiche Bücher zu aktuellen jüdischen Themen geschrieben. Sie ist für uns keine Unbekannte.  Sie hat uns vor 5 Jahren schon einmal hier in der Remise des Gutshofs Gatow besucht und so haben wir uns sehr darüber gefreut, sie wieder bei uns zu begrüßen und von ihr zu lernen. Für die, die sie noch nicht kennen: Rabbi Milgram wurde vom Reconstructionist Rabbinical College ordiniert, sie gründete und leitet Reclaiming Judaism Press und www.ReclaimingJudaism.org, eine Organisation, die u.a. neue Strategien entwickelt, um jüdische Rituale und Mitzwot lebendig zu halten und zu erneuern.
Photo: www.facebook.com
Rabbi Milgram schrieb mehrere Bücher und erstellte interessante Materialien zu diesem Thema wie ihre Mizwot- Karten, von  denen sie uns eine reichhaltige Auswahl präsentierte. Es wurde wieder ein spannendes und intensives Lernen für uns und wir erfreuten uns sehr an der Mizwa ihrer Zeit, die sie uns gewidmet hat. Unsere Diskussion mit Reb Goldie ging um Mizwot, aber auch um ihr Gegenteil, um das Nicht-Geben-Können, wie sie es uns in der zum Abschluss erzählten Geschichte von Ashley anschaulich erklärte.
Reb Goldie erzählte: Ashley, die mit ihrem geliebten Randy an einem Traumstrand am Golf lebte, war nicht gerade ein rücksichtsvoller Mensch, eher völlig selbstbezogen. Sie ließ gern die anderen ihr schmutziges Geschirr waschen und hielt es auch mit der Wahrheit nicht so genau. Dafür jedoch blamierte sie stets andere, selbst für kleinste Fehler, sogar wenn sie wusste, dass das eigentlich falsch war, Ashley bereute nichts. Sie entschuldigte sich niemals oder tat Teschuwah. Aber jeden Freitag schrieb sie ihre Sünden und Fehler nieder und tat sie dann einfach nur wie Stücke schmutziger Wäsche in eine Tüte.
Für diese Ashley war Taschlish nur eine Gewohnheit, so etwas , was jeder eben so tat, weil das auch die Eltern schon so gemacht haben. Und so trug sie jedes Jahr zu Rosch HaSchanah ihren prall gefüllten Beutel runter zum Fluss für Taschlich. Sie hatte dabei kaum die leiseste Erinnerung an ihre Vergehen, die sie da fortschwimmen ließ. Aber auch für sie gibt es immer noch die Möglichkeit zur Umkehr.  Es ist adaptierte Jonageschichte, die wir da mit Spannung hörten. Rettung kommt oft auf unerwartete Weise. Ashley erkennt endlich, was sie in ihrem Leben versäumt hat.  Sind wir nicht alle mitunter ein wenig wie Ashley?
Diese tiefen Gedanken konnten wir dann weiter bei einem leckeren Mahl, Ritas wunderbarer Suppe und Kuchen und mit den mitgebrachten Speisen bedenken und miteinander teilen. So gingen wir, später am Abend, erfüllt in die neue Woche und waren gut vorbereitet für Jom Kippur.

Text: Romy Koecher    


Schawuot, 12. Juni 2016 / 6. Siwan 5776
Wir wollten uns in der green shul zu shiurim, zum Arbeiten, zum Lachen und Klönen auf dem Gutshof Gatow treffen. Als ich an diesem Tag zusammen mit meinen zweitgeborenen Sohn Aaron dazu stieß, waren schon viele fleißige Hände damit beschäftigt, zu gießen, Beikraut zu entfernen (ja, ich musste lernen, dass es kein „Unkraut“, sondern nur „Beikraut“ gibt…), die Wasserversorgung zu organisieren und vieles, vieles mehr.
Der kurze Weg von der Remise zum Feld war eine gute Einstimmung auf Natur, auf Ernte, auf schmutzige Hände und Berührung mit der Erde, die uns so vieles gibt und die wir manchmal einfach so voraussetzen, dabei ist sie nicht selbstverständlich und nicht „einfach da“.

     

Schawuot – Jalda könnte es so viel besser erklären, das Fest, an dem wir vieles feiern: Die Übergabe der Thora, Ruths Geschichte oder besser ihre Entscheidung und ihr Bekenntnis, den Beginn der Ernte und den Empfang der ersten Früchte und des Getreides… Es ist ein glückliches Fest, eine Freude am Leben, an der Schönheit und dem Wachstum der Natur. Und so standen wir alle auf dem Feld, jäteten und gossen, schwatzten und schwiegen – alle nach ihrer Art und Stimmung.
Am Erdbeer-Hochbeet versammelten wir uns nach getaner Arbeit und Jalda erzählte uns vieles zu Schawuot, seiner Bedeutung, seiner Geschichte und vor allem was uns Schawuot heute sagen kann. Wir dachten an alle, die fehlten und an alle, die nicht kommen konnten – insbesondere an Anna, Marlis und Etha. Viele Fragen wurden gestellt und Jalda antwortete, erzählte, begeisterte…. natürlich wurde aber auch die erste Erdbeerernte gepflückt und gleich vertilgt.
Anschließend saßen wir noch in der Remise bei Rita zusammen, im großen Kreis im Garten bei herrlichem Wetter.



                   

Es gab leckeres mitgebrachtes Essen (natürlich milchig, natürlich süßlich...), tolle Suppe von Rita, Anja las aus dem Buch „the Triumph of Eve“ und ganz zum Schluss, als leider schon einige nach Hause mussten, gab Dvora auch noch einen superspannenden Vortrag zum Thema „Parkanlage Sanssouci“ und Kabbala – eine Hausarbeit im Rahmen ihres derzeitigen Studiums in Potsdam.
Ja, und Aufräumen und Geschirrspülen gehörten natürlich auch noch zu den Aufgaben… Familie eben.

Text: Esther Trapp           Photos: Romy Köcher


Pflanzfest 2016
Unser diesjähriges Pflanzfest fand am Sonntag, den 8. Mai 2016 / 30. Nissan 5776 statt. Es war auch der 15. Tag der Omerzeit und der 1. Tag Rosch Chodesch Ijar. An diesem vielseitigen Festtag hatten wir die idealen Wetter-Rahmenbedingungen zur Saisoneröffnung unserer green shul: strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, ca. 25 °C, ein erfrischender Wind. Wir waren ca. zehn begeisterte Ohelistas, die sich schon darauf freuten, wieder zu buddeln und zu säen und zu gießen, – und später das Wachsen der Pflanzen zu beobachten.
Anna und Daniel hatten schon einige Tage vorher die Winterschäden repariert, so dass wir mit der Gartenarbeit gleich loslegen konnten. Und es gab noch eine Überraschung: Anna hatte kurz vor Beginn des Pflanzfestes ein Junior- Hochbeet für diejenigen von uns fertig gestellt, denen die anderen Beete zu breit und zu hoch sind. Ein grosses Danke-schön an Anna und Daniel. Es ist eine sehr anrührende Seite von Ohel als Chavurah, dass es jedem, so gut es geht, möglich gemacht wird, an allen Aktvitäten teil zu haben. Dafür bin ich sehr dankbar.




Auch unter unseren Kindern finden sich schon fleissige Heinzelmännchen. Ben ist so eins. Er entwickelt sich mehr und mehr zu einem vielseitigen Mitarbeiter, der überall mit anfasst; sei es Pflanzen, den Wasserschlauch oder Generator bedienen, Giesskannen zu füllen, die Wassertonnen voll zu machen. Dank seiner Hilfe konnte auch ich beim Wässern mithelfen. Vielen Dank, lieber Ben.
Und es gab noch eine grosse Überraschung: Ben durfte Traktor fahren. Ulli hatte ihm versprochen, wenn seine Arme und Beine lang genug sind, um im Traktor Gashebel, Bremse, Gangschaltung und Lenkrad zu bedienen, darf er den Traktor auf dem Feld fahren. Nun war es so weit. Für Ben sicher die grösste Überraschung und der Höhepunkt des Tages. Wie erwartet lenkte er das Fahrzeug sicher und umsichtig übers Feld.  Andere ließen sich von seiner Begeisterung anstecken und fuhren auch eine Runde. Der Traktor ist ein ganz besonderer, gepflegter Oldtimer aus den fünfziger Jahren, sodass es eine besondere Ehre war, ihn fahren zu dürfen.



Als wir fertig gesät und gegossen hatten, gingen wir zurück zur Remise. Wir konnten draußen auf der Wiese im Licht einer milden Abendsonne zusammensitzen. Natürlich  hatten  wir jetzt Mordshunger, und es gab eine köstliche Gemüsesuppe und einen opulenten Erdbeer-Sahnekuchen von Rita. Ein passender Abschluss für einen vielversprechenden Saisonbeginn auf dem Feld.
Das Feld öffnet unsere Herzen für die Wunder der Natur und die Präsenz der oberen Welten.  Es ist eine ganz grosse Chance für uns als Gruppe und für jeden Einzelnen.

Text: Etha Jimenez          Photos: Anna Adam


Pessach 5776 - 2016
 

Gegen 7 Uhr abends füllte sich langsam aber stetig der große, helle Raum, in dem die lange und von eifrigen Helfern geschmückte und gedeckte Tafel stand. Zum ersten Mal feierten wir im Nachbarschaftsheim in der Herbartstraße. Viele alte und neue Freunde fanden sich wieder, große und kleine Kinder erkundeten vorsichtig, wo es vielleicht auch eine Spiel- und Tobeecke geben könnte…?




Der Pessachseder führte die Ohel-Familie zusammen.
Jalda als unsere Kantorin nahm uns alle an die Hand und führte uns mit Freude, mit ganz viel Liebe, mit Liedern und ihrer schönen Stimme durch die Haggadah. Immer wieder hielt sie in der Erzählung auch inne, um zu erklären, zu erläutern und um die Verbindung zwischen damals und heute herzustellen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir heute in diesem Teil der Welt in Freiheit und Frieden Pessach feiern können.



Das Festmahl war überwältigend: Anna und ihre  Helfenden haben mit viel Zeit und Energie ein umwerfendes Menü vorbereitet, gekocht, transportiert und aufgebaut.




Ganz herzlichen Dank auch an alle anderen Helfer, die effektiv und unaufgeregt dafür gesorgt haben, dass alles vorbereitet und geschmückt war. Ein besonders großes Lob vor allem an unsere „Junior- Helfer“, Jonas, Ben und die jungen Swarthouts – ohne sie wäre es kaum möglich gewesen, den nächtlichen Aufräummarathon zu gewinnen!

                                                   

Wie gut, dass die Ohel-Familie groß ist!

Text: Esther Trapp               Photos: Anna Adam



5. Dezember 2015: Jonas Samuele wird Bar Mitzwa

Der Sohn der Pflicht hieß an einem windigen Schabbatmorgen des 23. Kislew des Jahres 5776 Jonas Samuele Lezzi und hatte eine weitreichende Familie und viele Freunde und Bekannte sowie die Gemeinde des Vereins Ohel Hachidusch in den Betsaal des vormaligen jüdischen Waisenhauses geladen.

Dass dieser Raum Geschichte atmet und sich dort die Geschichte jüdischer Generationen fortschreiben lässt, ahnten die Gäste wohl. Chasan Jalda Rebling führte die so versammelte Gemeinde durch den klassischen Morgengottesdienst am Schabbat. Nach den eingehenden morgendlichen Segenssprüchen, den Liedversen des Psukej de Simra folgten das morgendliche Schma und das stehende Gebet, die Amida. Die Familie des Bar Mitzwa Jonas Samuele wurde zur Bima gebeten und in einem bewegenden Bild wurde die Torarolle in blauem Samt von der älteren Generation an die jüngste Generation gereicht – l’ dor wa’ dor.

 

                     

   

                      

Das Jahr ist noch jung, die Toralesung aus Bereschit (im Anfang) 37.1 bis 37.22; bildete den Höhepunkt. Zur ersten Alija wurde Mutter Eva aufgerufen – mit dem Ungewohnten-, und damit Mutigen ließ sich die Aufregung nicht verbergen. Umso ergreifender konnte man hier erfahren, wie die verschiedenen Generationen einander etwas mit auf den Weg geben - im Namen des Ewigen, der uns die Ohren und Herzen öffnet. Auch die zweite Alija der engeren Familie und die folgenden Alijot spiegelten diesen Gedanken. Jonas Samuele’s Aufruf wurde mit Spannung erwartet und die Ruhe und Sicherheit zeigte das Vertrauen des Bar Mitzwa in die Tradition des Judentums. Auch als Jonas der lauschenden Gemeinde die Auslegung des Abschnittes über Joseph und seine Brüder vortrug, staunten wir über die klugen Worte eines 13jährigen.

Belohnt mit Bonbonregen, Masel Tow-Rufen und einem kleinen Geschenk der Mitglieder von Ohel HaChidusch feierte die Gemeinde dieses besonderen Tages bei Wein und Brot Schabbat Wajeschew.

 

                             

Text:  Schulamit Frömmel    

Fotos: My-Linh,  http://www.kunst-photography.com/1.html   

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30. und 31. Oktober 2015: Tehillim-workshop mit Chasan Jalda Rebling

Die Melodien dieses Schabbatons werden noch lange in uns nachklingen.

Wir erlebten gemeinsam Kabbalat Schabbat, Schacharit und Mincha und entdeckten in unserem T´hillim Workshop die Psalmen neu. Im Mittelpunkt standen sowohl die Parascha Wajera als auch das Schirat HaYam (Schemot 15).Weitere Tehillim des Workshops waren: Psalm 92 und 93, Psalm 148 und Psalm 67. Der Talmud bezeichnet Schirat HaYam als das erste Loblied (BT Traktat Pessachim 117a). Wir sangen dieses erste Lied der Tora und die anderen Psalmen so, wie die Levi´im sie vor Jahrtausendenden im Tempel von Jerusalem gesungen haben, d.h. 2 Chöre, manchmal auch drei, die sich im Wechselgesang trafen und wieder trennten. Gerade im Schirat HaYam, das in einer chiastischen Form (d.h. X-Struktur der Verse) nach Prof. Amzallag geschrieben war und von Chasan Jaclyn Chernett und Chasan Jalda Rebling bearbeitet wurde, entwickelte diese Form eine wunderbare Energie. Der grosse Saal hallte wider von Wechselgesängen, teilweise mit langen Tönen der einen Gruppe und gleichzeitigem Silbengesang der anderen. Eine sehr alte Melodie des Schilfmeer-Liedes, welche über Generationen von Mund zu Ohr vermittelt wurde und so in verschiedenen Varianten bekannt ist, wurde überraschend modern. Die spirituelle Wirkung dieser Techniken auf uns war ausserordentlich. Unser Gebet kam auf einmal aus tieferen Bewusstseinsebenen. Ich denke, jeder von uns spürte, wie das Singen von Psalmen in uralter jüdischer Tradition zu einem neuen Zugang zur alten Poesie führen kann. Wie überirdisch muss es geklungen haben, als die Gesänge von Tausenden von Levi´ím vom Tempel in Jerusalem durch die judäische Wüste hallten. Chasan Jalda Rebling beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dieser alten Aufführungspraxis der T´hillim, der jüdischen Psalmen, und wir sind dankbar, dass sie uns so gekonnt in diese Welt hineingeführt hat.

Unser besonderer Gast an diesem Schabbaton war Eva Sax-Bolder aus New York, Rabbinatsstudentin bei ALEPH, die im kommenden Januar auf der Ohalah-Konferenz ihre Smicha erhalten wird. Sie ist Absolventin von Kol Zimra, also Schülerin von Rabbi Shefa Gold, einer Pionierin in Jewish Chanting Meditation. Eva hat uns zu Mincha, zum Ausklang des Tages, in die Welt der modernen Sacred Chants geführt. Ein grosser, aber stimmiger Sprung über Jahrtausende. Nach der Se´uda Schlischit, der dritten Mahlzeit, ging dieser ganz besondere Schabbat mit einer von Chasan Jalda geleiteten, anrührenden Hawdala zu Ende.


Wir danken Jalda und Eva sehr für diese tiefe spirituelle Erfahrung und Helen Eckstein für die Fotos, die die Atmosphäre der Hawdala so gekonnt widerspiegeln.

                             
                             
                             
                             
                             

                             Text: Etha Jimenez     Fotos: Helen Eckstein



Sukkot 2015

Mehr als  40 Erwachsene und Kinder trafen sich am Nachmittag vor Erew Sukkot bei dem für  jüdische Vollmond-Feste typisch gutem Wetter auf dem Gutshof Gatow, um unsere Sukkah zu bauen und danach gemeinsam zu feiern. Wie jedes Jahr bestand unsere Sukkah nur aus Naturmaterialien: Holz, Äste und Pflanzen, die nach der Ernte in unserer green shul noch übrig geblieben waren. Es hat allen viel Freude gemacht, die Ernte mit dem Bollerwagen von unserem ca. 200 m entfernten Feld heran zu schaffen. Zusätzlich bastelten die Kinder unter Annas Anleitung noch Kastanienketten und weiteren Schmuck.
Über einem offenen Feuer hing ein großer Suppentopf, in dem die Früchte unseres Feldes zu einer schmackhaften Mahlzeit gekocht wurden.
Bald war unsere Sukkah fertig und das Ergebnis konnte sich sehen lassen.

     
  
Vor dem Kiddusch  gingen wir gemeinsam zum „Berg Sinai“ in Ritas Garten der Weltreligionen. Die Kinder ernteten die  Trauben von den Rebstöcken, die uns Susanne vor einigen Jahren mitgebracht hatte und die unter Ritas liebevoller Pflege so wunderbar gedeihen. Dann erntete de inzwischen dreijährige Jonathan den Hokkaido-Kürbis, den er zu Tu b`Schwat als Setzling gepflanzt hatte. Ob er diesen Augenblick jemals vergisst?

   
 
Inzwischen dämmerte es. Alle drängelten sich in der Sukkah, als Cantor Jalda die 7 Ushpizin aber auch andere nahe Verwandte und Freunde, die nicht mehr unter uns weilen und uns fehlen, zu uns in die Hütte lud. Es  war ein sehr emotionaler Moment als die Gedanken von vielen von uns zu den Vorvätern und in die Wüste wanderten, während wir durch die lockeren Zweige unserer Hütte in den Himmel schauten. Shulamit bentschte die Kerzen und unseren Lulaw, sie schüttelte ihn symbolisch. Auf unseren Lulaw waren wir besonders stolz, denn die Weidenzweige und der Etrog waren eigener Anbau aus Ritas Botanicum. Anja hatte Myrthe mitgebracht. Zu Sukkot 5777 möchten wir den kompletten Lulaw aus dem Botanicum und unserer green shul ernten. Sollten wir nicht alle Aspekte des Lulaw aus
unserer europäischen Ernte zusammenstellen? Rabbi Jan Salzman aus Vermont gibt uns ein Beispiel dafür.
Chasan Jalda sprach den Festtagskiddusch über den Wein. Und alle kamen in unsere Sukka.

 
 
 
 
Danach trafen wir uns in der Remise zu unserem erweiterten Kiddusch. Rita und Marlis hatten das Kunststück fertig gebracht, die Tische so zusammen zu schieben, dass  alle Platz hatten, es aber immer noch gemütlich war. Ulli spielte zu Beginn des Kiddusch die Hatikwa auf seiner Klarinette. Das passte gut als Überleitung von unserer Sukkah, dem Symbol unserer Wüstenwanderung, zum modernen Israel. Es wurde gefeiert, gegessen, gesungen und gelacht. Zunächst gab es die köstliche Gemüsesuppe, die wir über dem offenen Feuer vorbereitet hatten. Danach genossen wir die Leckereien des Buffets, zu dem alle beigetragen hatten.

 

In der Dunkelheit chanteten wir noch gemeinsam. Es herrschte  eine magische Stimmung, die sich noch dadurch verdichtete, dass der riesige Mond sehr tief stand. Wer nochmal zum Abschied in die Sukkah ging, sah sein geheimnisvolles Licht waagerecht durch die luftigen Äste der Sukkah. Leuchten. Es war ein Fest gelebten Judentums.

Wir danken Chasan Jalda und Anna, die uns so umsichtig in die Wüste und wieder zurück geführt haben. Ein ganz besonderer Dank  gebührt Rita und Ulli Reinecke, die mit und so wunderbare Feste auf ihrem Gutshof feiern.

Text: Etha Jimenez       Fotos: Anna Adam



Taschlich in Gatow 2015

Am 1.Tag Rosch haSchana 5776 trafen sich um 17 Uhr 25 Erwachsene und viele Kinder im Gutshof Gatow zum Taschlich.
Zu Beginn unserer kleinen Feier schrieben wir die Dinge, die uns im neuen Jahr 5776 nicht mehr begleiten sollten, auf wasserlösliches Papier.
Anschließend zogen wir zum Ufer der Havel.
Anna blies am Ufer der Havel das Schofar.
Bei einer sehr anrührenden und besinnlichen Zeremonie, unter Leitung von Anja, übergaben wir die uns bis dahin begleitenden Dinge auf sehr sanfte Weise der Havel. Wir schickten sie
in kleinen wasserlöslichen Schälchen, die vorher von uns geschmückt wurden, auf die Reise.

 


Danach ging es wieder zurück in die Remise. Dort erwarteten uns leckere Speisen, damit wir uns nach der seelischen Stärkung auch körperlich stärken konnten. Es war wieder ein sehr schöner und harmonischer Nachmittag in Gatow.
Vielen Dank an Anja und Anna, die uns durch die Zeremonie geführt haben und ein großes
Dankeschön an Rita und Uli für ihre Gastfreundschaft.

Text: Marlis Malkah Ventur        Fotos: Anna Adam


Schawuot 5775

Zur Schawuotfeier 5575 und damit zur Lernnacht, „tikkun olam“, trifft sich ein Minjan unserer Gemeinde in der Remise in Gatow. Rita heizt sogar den großen Ofen für uns an, denn es ist frisch hier drinnen.  Unsere Kantorin, Jalda, beginnt zu singen und uns wird sofort warm. Wir singen dann alle zusammen den Psalm 122 nach einer Melodie von Shlomo Carlebach.
Jalda liest die ersten zwei Verse des Psalms vor und wir diskutieren darüber, was uns die besagen. Es heißt:  Es sei zu wünschen, dass Menschen einander im Frieden und im Guten begegnen. Daran knüpft der Wunsch an, dass sie ihre Wirklichkeit heiligen und ein Haus des Einen bauen mögen. Jalda spricht von der Gesetzgebung am Sinai und zitiert aus der Tora. Den Israeliten wurde übermittelt, zu tun und zu hören. Erst tun, bevor sie hörten? Sie schwören, den Mitzwot Folge zu leisten, noch ehe sie sie das erste Mal vernommen hatten. Sie waren immer da und wurden für immer gültig gegeben.
Was könnte diese Reihenfolge: Erst das Tun, dann das Hören bedeuten? Bedeutet das, dass die Tora gegeben wurde und dann alle darum wissen können, was zu tun ist? Nur im guten Handeln  gehorchen sie den Worten. Wir sprechen darüber, dass es bis heute keinen Frieden gibt in der Welt. Schon wie bei den ersten Brüdern Kain und Abel führen Konkurrenzdenken und Neid immer noch zum Brudermord.
Nachdem uns die Tora am Sinai gegeben wurden, werden von da an Pflanzenopfer und Tieropfer gemeinsam dargebracht. Mit der Tora gibt keinen Grund mehr für Habgier und Gewalt. Wir sind nach der Flucht aus der Enge „Mi zar, und im Plural „Aus den Engen“, „Mizarim“, das ist Ägypten zusammen am Berg Sinai. Jeder für sich und alle zusammen erhalten die Tora. In Freiheit nehmen wir die Tora entgegen.
An dieser Stelle machen wir eine erste Lernpause. Wie gehen nach draußen, atmen die frische Abendluft, sehen Mondsichel und den Planet Venus, im scheinbaren tete a tete am dunklen Firmament schillern und gehen eine geruhsame Runde durch den kleinen Garten der Weltreligionen, durch Ritas Botanicum.  Einige blieben lieber in der Remise und haben liebenswürdigerweise in der Zwischenzeit für alle den Tisch festlich gedeckt. Jede hatte etwas Milchiges für das gemeinsame Essen beigesteuert. Doch nach dem Kiddusch  nehmen  zuerst alle von der Gerstengraupensuppe, die von Etha gestiftet und von Rita für uns angerichtet wurde. Diese Köstlichkeit, mmhh lecker, muss, da bin ich mir sicher, nach der uralten geheimen „Schit-Methode“  entstanden sein, die ging so: „Mer schit in einen Topf a bissl Dies und mer schit a bissl Das und dann mer schit …!
Schawuot ist nach Pessach das zweite Erntefest im Vegetationsverlauf. Es gibt zu Schawuot richtig viel zu tun auf den Feldern und beim Vieh, das in dieser Zeit seine Jungen geworfen hat. Dann gibt es so viel Milch , die reicht für die Ernährung der Menschen, sodass Jungtiere nicht geschächtet werden müssen und aufgezogen werden können. Es bleibt diesmal keine Zeit, um noch einmal acht Tage lang zu feiern. Mit Schawuot endet das Omerzählen. Es nahm zu Pessach seinen Anfang  und findet nach 49 Tagen, mit der Gesetzgebung am Sinai am fünfzigsten Tag, seinen Abschluss. Die Gesetzesworte sagen uns, wie wir in Freiheit nun in Frieden miteinander leben können.
Jalda liest weiter: Die Israeliten sahen den Donner vom Berg… So heißt es in der Tora. Es heißt nicht etwa: Sie hörten den Donner? Wir diskutieren diesen Vers und einigen uns in unserem Verständnis darauf, dass es heißen könnte: Die Israeliten sahen, d.h. sie hatten ein Einsehen, eine Einsicht, in die Botschaft, die vom Berg zu ihnen kam. Diese Einsicht in das Wesen der Botschaft geht ohne die akustische Wahrnehmung. Es ist ein inneres Hören. Sie (ge-)horchen. Einsichtige verstehen diese „Sprache“. Schma Israel!     
Wir hören vom Buch Ruth,  von ihrer Nachlese des abgeernteten Feldes für eine Mahlzeit. Wir diskutieren darüber, was den Weg Ruths ausmachte. Sie vertraut auf den Einen und handelt entsprechend. Sie lässt alles zurück, was sie kannte. Im Vertrauen und in Loyalität zu ihrem nächsten Menschen, Naomi, verlässt sie alles Alte und ist bereit, Neuem zu begegnen.
Wir wissen, dass milchige Speisen zur Schawuottradition gehören und können nun nicht länger den mittlerweile aufgetischten, von Gabi und Rita bereiteten Verführungen, in Form von Windbeuteln und Käsekuchen, widerstehen.



                              
Als Gast der Gemeinde ist heute Abend Dr. Ulrike Offenberg, Rabbinatsstudentin, kurz vor dem Abschluss, zu uns gekommen. Sie hat einen Schiur vorbereitet. Darin geht es darum, was in Konfliktsituationen geschehen kann. Sie stellt uns das Thema am Beispiel der beiden in ihren Meinungen differierenden Lehrhäuser Schmaii und Hillel vor, die ca. eine Generation vor der Zerstörung des 2. Tempels bestanden. Anhand verschiedener Textbeispiele aus den Talmudim, aus Tosefta und Mischna und weiteren, können wir verfolgen, was geschieht, wenn mehrere Meinungen herrschen und daraus Zwist entsteht. Wer hat nun Recht? Beide? Oder nur einer? Die Schule Hillels? Warum sie? Weil sie freundlicher und milder urteilte? Oder weil Redaktoren sie absichtlich bevorzugt darstellten? Wenn sich Einigungen scheinbar  doch jedspielend erzielen lassen, ist das nun eine idealisierte Darstellung? Tatsächlich wollteer nur seinen Willen durchsetzen?  Auch, wenn das eine kriegerische Auseinandersetzung zur Folge haben könnte?
Wir, an diesem Abend, haben die Hoffnung, dass alles sich im Konfliktfall doch noch zum Guten wendet. Beide Meinungen der Lehrhäuser und noch weitere Meinungen wurden uns überliefert. Es gibt nicht nur eine wahre Meinung. Damit schließt sich der gedankliche Kreis bis hin zu den Psalmversen am Anfang des Abends. Die Menschen sind nun selber für den Frieden verantwortlich, denn am Sinai wurden uns die Gebote gegeben, im Guten zu handeln. Sie sind nicht mehr im Himmel,  so wie der Midrasch, den Ulrike uns zum Abschluss erzählt, veranschaulicht. Wir singen dann nochmals am Ende der Lernnacht gemeinsam den Psalm 122 und gehen zwar müde, doch an Leib und Seele reich genährt, dem Sonnenaufgang und dem Gottesdienst entgegen.

                   

                   TextDeborah Williger            Fotos: Anna Adam



10. Mai 2015: Pflanztag in unserer green shul

Am Sonntag nachmittag als sich die Ohelistas für ihren jährlichen Pflanztag in ihrer green shul trafen, wehte ein frischer Wind durch die Felder vom Gutshof Gatow. Kleinkinder, Teenager und Erwachsene trotzten dem starken Wind und pflanzten Samen und Setzlinge in den Acker und unsere selbst gebauten Hochbeete. Mit Hilfe von ein wenig Sonnenschein und Regen werden wir bald Zwiebeln, rote Beete, Fenchel, Kürbis, Salate, Zucchini, Karotten, Mangold, Tomaten sowie verschiedene Kräuter ernten und uns an bunten Blumen freuen.
Dank der vielen helfenden Hände waren wir nach ca. 2 Stunden mit Pflanzen und Giessen fertig und konnten uns in der Remise bei warmer Suppe und anderen Leckerbissen aufwärmen. Gerade als wir den Heimweg antraten, rissen die Wolken auf und Sie Sonne schien hell und warm. Ein gutes Omen für die kommende Pflanzsaison.





                    

               Text: Donna Swarthout   Photos: Anna Adam und Donna Swarthout




Unser Seder am 4. April 2015:

Pessach ist das Fest unserer Befreiung aus Mitzrajim, aus der Enge der Sklaverei und aus  der persönlichen Enge.
Pessach  ist aber auch das jüdische Familienfest schlechthin. Die meisten Erwachsenen bekommen glänzende Augen, wenn sie von den Pessachfeiern ihrer Kindheit erzählen.
An unserer Sedertafel sassen 40 Menschen, darunter viele Gäste, die schon seit Jahren extra zu uns nach Berlin kommen und zehn Kinder. Einige der Kinder fragten gleich nach unserer Spieldecke und freuten sich über die gewohnten und die neuen Spielsachen.
Wir benutzten  auch dieses Jahr wieder die schön illustrierte Haggadah von Michael Shire et al. mit Umschrift. Die Illustrationen sind Facsimile- Reproduktionen mittelalterlicher Handschriften aschkenasischer und sephardischer Herkunft aus der Sammlung der British Library in London.



Kantorin Jalda führte uns gewohnt sicher durch die Haggadah. Sie bezog die Kinder und auch die Erwachsenen locker in den Ablauf des in seinen ältesten Anteilen über zweitausend Jahre alten  Seder-Rituals ein.
Während der Lesungen herrschte unter den langen Tischen streckenweise viel Bewegung, wenn Kinder jeglichen Alters um die Beine der Erwachsenen wuselten. Einige von uns, die Lilith noch kannten, sahen sich auf einmal an. Und in diesem Moment dachten alle dasselbe: mit wie viel Rührung Lilith von den Sederabenden ihrer Wiener Kindheit erzählt hat und wie sie  mit ihren zahlreichen Cousins und Cousinen unter dem Tisch herumgekrochen ist. Diese Erinnerung aus einer anderen Zeit hat viele Jahrzehnte überdauert.
Anna und ihr Koch-Team gaben ihr Bestes. Und ihr Bestes ist wirklich das Beste: alles Bio, alles hausgemacht. Und Anna ist nicht nur eine Künstlerin im Umgang mit Farben, Papier und Holz, sondern auch in der Küche. Wie sie die exotischen Gewürze für jeden der vielen Salate abschmeckte, das macht ihr so schnell keiner nach.


                     
  
Der Afikoman war raffiniert versteckt. Erst nach langem Suchen fand Jakob ihn, und wir konnten diesen festlichen Abend  mit vielen traditionellen Liedern zum Abschluss bringen. Jakob war natürlich sehr stolz auf seinen Erfolg und er, aber auch alle anderen Kinder, bekamen ihr Geschenk und waren glücklich.



Für einen ganz besonderen Abschluss unseres Sederabends sorgte Helen. Sie fuhr noch um Mitternacht mit den übrig gebliebenen Speisen zur Stadtmission am Bahnhof Zoo und erklärte den dort versammelten Obdachlosen in ein paar Worten die Bedeutung von Pessach; ein Fest, das für Freiheit steht. Dann aßen sie  alle gemeinsam. Helens Gäste waren natürlich  von Annas Kochkunst begeistert. Aber zusätzlich beeindruckte sie Helens persönliche Geste, mit ihnen gemeinsam noch ein wenig zu feiern.
"Alle die Mangel leiden sollen kommen und mit uns feiern". So steht es im ersten Satz der Pessach-Haggadah. Helen gab uns die Gelegenheit, unseren Sederabend dieses Jahr mit Chesed und einem Beitrag zu Tikkun Olam abzuschliessen.
An alle, die uns bei der Vorbereitung und Durchführung dieses festlichen Abends geholfen haben, geht ein herzliches Danke-schön.
Text: Etha Jimenez    Fotos: Anna Adam


Unsere Purimfeier 2015
 
4. März, Erew Purim bei Ohel Hachidusch: voll geladene Teller mit süssen und pikanten Hamantaschen, frisch gebacken von unseren kleinen und erwachsenen Experten; glückliche, tobende, als Piraten und Feen verkleidete Kinder; Jona Kirchner´s science fiction Spritztour durch die Megillah.
Kantorin Jalda leitete uns durch Lieder und Texte, die Kinder schüttelten begeistert ihre diversen Krachmacher und auch die Erwachsenen liessen sich von der Stimmung anstecken. Wir liessen das Fest im traditionellen Ohel-Stil mit einem herzhaften und gesunden, vegetarischen potluck und guten Gesprächen sowie reichlich Gelächter um unseren grossen Tisch ausklingen.




Text: Donna Swarthout            Fotos: Anna Adam



24. Januar 2015: Noa wird Bat Mitzwah

Noa wurde am 4. Schewat 5775, Schabbat Bo,  zum ersten Mal zur Tora aufgerufen und damit in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen. Sie las an diesem Schabbat Mincha aus der Tora ihre Parascha Beschallach, denn zu Schabbat Mincha liest man bereits die Parascha der neuen Woche.
Es war ein beeindruckendes Fest. Wieder standen, wie schon bei Mathildas Bat Mitzwah, drei Generationen auf der Bima. Sawta Gaby, Ima Mira und Bat Mitzwah Noa lasen gemeinsam aus der Torah aus der Parascha Beschallach. Es war ein sehr anrührender Moment, als  l´dor wa dor - von Generation zu Generation - die Torah weitergegeben wurde. Noa trug zum ersten Mal den Tallit, den Mira eigenhändig für sie genäht hat.  Vor Beginn des Schabbats hatten Kantorin Jalda und Anna, die Vorsitzende von Ohel Hachidusch, gemeinsam mit Mira die Tziziot geknüpft und viele gute Wünsche für Noas Zukunft hineingegeben.


  

Kantorin Jalda führte gewohnt sicher und einfühlsam durch die Zeremonie und Anja las das Jahrtausende alte Shirat HaJam so schön, dass wir alle am Schilfmeer standen. Als Kantorin Jalda Noa ihren Segen gab, konnte man eine Stecknadel fallen hören. Selbst die zahlreichen Kinder merkten, dass dies ein ganz besonderer Moment war, und sassen mucksmäuschenstill. Und dann brach grosser Jubel aus. Noa war Bat Mitzwah geworden und wurde mit einem Bonbonregen stürmisch gefeiert.



Die anschliessende Hawdala stand im Zeichen der Gemeinsamkeit. Alle standen im Kreis, und in einer bewegenden Zeremonie führte uns Kantorin Jalda in den Alltag. Schawua tow!
                                       
                                         

Und in Windeseile verwandelte sich der Raum des La Luz in den Osram Höfen Berlins.  Alle sassen jetzt an den hübsch gedeckten Tischen, die grosse Bühne war frei, Noas mit Recht stolzer Vater hielt eine Rede auf seine Tochter, eine Leinwand wurde auf die grosse Bühne gerollt,  und viele Schnappschüsse aus Noas Leben wurden gezeigt. Ein israelischer DJ übernahm die Bühne, zunächst mit Liedern, die sich Noas Grossmutter Gaby gewünscht hatte und die viele mitsangen und dann wurde es immer rockiger und bunter. Viele tanzten munter drauf los, natürlich auch die Kinder und Senioren. Zur Hora hielt es vom wenige Monate alten Baby (auf dem Arm der Mama) bis zum fast 90-jährigen Gerhard kaum noch jemand auf den Stühlen aus. Hier tanzte passend zur Parascha Am Israel, das das Schilfmeer überquert hatte und ein freies Leben begann. 
Auch Wüstenkinder haben Hunger. Für unser Manna sorgte Noas Sawta Gaby. Inzwischen war bereits Kaffee und leckerer Kuchen an die Tische gebracht worden, natürlich alles von Gaby selbst gebacken. Wenig später folgte ein üppiges warmes und kaltes Buffet,  alles selbst gekocht und kreiert von Gaby. Das jüdische Berlin kennt und schätzt Gabys Kochkünste seit Jahren. Aber hier hat sie sich selbst übertroffen. Wie sie es geschafft hat, so viele Gäste so locker und lecker zu versorgen, bleibt ihr Geheimnis. Aber es hat bestimmt etwas mit ihrer Liebe für Noa zu tun. Für Noa ist sie noch einmal über sich selbst herausgewachsen, es war ihr Meisterstück und ihre Art, ihre Zuneigung zu zeigen.
Liebe Gaby und liebe Mira, herzlichen Dank für das gelungene Fest und dir, liebe Noa, Masel tow für deine Zukunft. Ihr seid eine tolle Mishpacha.

Text: Etha Jimenez         Fotos: Anna Adam



16. November 2014: Mitzvah Day bei Ohel Hachidusch

Zum Mitzvah Day hatte Ohel Hachidusch auf den Gutshof Gatow eingeladen und sich erneut mit einem ökologischen Thema befasst. Diesmal mit Blick auf den nahenden Winter sollte Futter bereitstehen für die gefiederten und singenden Erdenbewohner, die in unseren Breiten bei Frost und Schnee Mühe bei der Futtersuche haben. Aber nicht allein dies war Auslöser. Bei intensiverer Beschäftigung war zu erfahren, dass in einigen käuflichen Meisenknödeln industrielle Schmierfette (Mineralöle) verwendet werden. Ebenso gelangen über Vogelfutter Pflanzenarten nach Deutschland, die hier nicht heimisch sind und vielleicht sogar Schaden anrichten können wie z.B. Ambrosia. Gesagt getan: in der warmen Remise des Gutshofs Gatow wurden ein paar geöffnete Kienäppel genommen und mit in warmem Palmfett gewälzten Samen aus kontrollierter Herkunft gestopft. Im Kalten aufgehängt und fertig. Der Mitzvah Day ging mit warmen Gesichtern und Herzen und rund 50 ökologisch wertvollen Meisenknödeln zu Ende.





Text: Claudia Shulamit Frömmel     Fotos: Anna Adam                                   

                                                                     

Samstag, den 15. November 2014/ 22. Cheshwan 5775
Schabbat Chaje Sara :
Bejt HaChidusch zu Gast bei Ohel HaChidusch

Seit vielen Jahren bin ich immer wieder gern bei Bejt HaChidush in der Uilenburgshul  in Amsterdam zu Gast. Wenige Schritte entfernt wurde meine Mutter vor mehr als 100 Jahren geboren. Manchmal leite ich dort Gottesdienste oder Workshops, manchmal komme ich einfach nur zum Schabbatgebet, wenn ich in Amsterdam bin. Rabbi Hannah Nathans, die ich bereits aus dem Aleph Seminar kannte, hatte jetzt die Idee mit einer Gruppe nach Berlin zu kommen, um Ohel HaChidusch zu besuchen. Viele Mitglieder unserer kleinen Gemeinde beteiligten sich an der Organisation: Sue suchte Hotels aus, Channah kümmerte sich um die Reservierung von Restaurants. Angela, Channah, Helen und Anna hiessen jene willkommen, die lieber privat wohnen wollten.
Rabbinerin Hannah und ich bereiteten ein umfangreiches Programm vor:
Kabbalat Schabbat in der Fasanenstrasse; Schabbat bei Ohel HaChidusch in der Detmolder Strasse, Sonntag Centrum Judaicum und eine Führung durch Berlins historische Mitte und zum Abschluss das Jüdische Museum Berlin.

Höhepunkt des Besuches wurde der Schabbat bei Ohel HaChidusch. Nach dem sehr bewegenden Schacharit gab es beim Kiddusch einen herzlichen Erfahrungsaustausch. Später gab Rabbinerin Hannah einen Shiur zum Thema: „Was sagt unsere Tradition zu Tierversuchen?“. Wir studierten rabbinische und wissenschaftliche Texte. Es folgte eine spannende Diskussiom zum Thema. Nach einer Kaffeepause gab ich einen Shiur zum Thema: “Tora der Imahot“. Im Kontext der Parascha Chaje Sara hatten wir eine intensive manchmal recht kontroverse Diskussion.
Nach der Hawdala waren alle dankbar und froh über diese Begegnung. Wir haben miteinander und voneinander gelernt, gut gegessen und alle wollen solche Begegnungen wiederholen, sei es in Amsterdam oder in Berlin.

  


Am Sonntag holte ich die Gruppe vorm Centrum Judaicum ab und gab eine sehr persönliche Führung durch Berlins Mitte mit alten und neuen Geschichten aus dieser Gegend.
Danke, Reb Hannah, für diese Idee. Kommt bald wieder nach Berlin. Ihr seid immer herzlich willkommen bei uns. Der Erfahrungsaustausch mit Dir und Bejt HaChidusch bedeutet uns viel.
Dein sehr persönliches Dankesschreiben an uns alle hat uns ganz besonders berührt. Deshalb fügen wir es ein:

Shalom Jalda and Ohelista’s,
On behalf of our whole group I would like to thank you whith all my heart for your hospitality. It was a great experience for our participants. You made it possible that the whole group could come along by offering your beds. The food was excellent, and eco kosher. The restaurants you reserved for us were just right. The group was greatly impressed by your service, and does hope we can have more of this in BHC. The shiur by Jalda on the Torah of the  imahot was found very interesting. The tour through Jewish Berlin, guided by Jalda, left an indelible impression. It was a most wonderful weekend.
I realise how much work this has been for you. Toda raba for everything!!!! And rav berachot on your kehilla. We hope to meet again soon!
Lehitraot, Rabbi Hannah


Text: Chasan Jalda Rebling             Fotos: Anna Adam



8. Oktober 2014: Sukkot 5775

Am Nachmittag vor dem 14.Tischri 5775, Erew Sukkot, trafen wir uns im Gutshof Gatow um dort unsere Sukka zu bauen.
Wie jedes Jahr bauten Eltern und Kinder die  Sukka, unter fachmännischen Anleitung von Anna.
Gleichzeitig zog eine zweite Gruppe mit einem Bollerwagen auf unser Feld um dort die letzten Früchte der Saison zu ernten. Mit üppiger Ernte kamen die Kinder zurück: genug zum Schmücken der Sukka und für eine Sukkot-Fest-Suppe.
Auf dem Gutshof wurde die Sukka geschmückt und vollendet und
das frisch geerntete Gemüse von vielen fleißigen Helfern gewaschen, geputzt und für eine Suppe zubereitet.

Danach entfachte Rita das Feuer. Jetzt konnte die Suppe kochen.

Jedes Jahr zu  Tu biSchwat pflanzen Kinder in einem Blumentopf Kürbiskerne von der vorjährigen Ernte.  Der Kürbis wird zu Sukkot von unseren Kindern feierlich im Botanicum geerntet.

Nach allen umfangreichen Vorbereitungen wurde es Zeit für den Kiddusch.
Jedes Jahr kommt in diesem Moment der Regen. 
Da wir zu Sukkot um Regen bitten ist das auch gut so.
Aber wir wollen ja gesund bleiben.
Also zogen  wir dann zum Feiern in die kuschelige Remise, um dort die Suppe und die ganzen mitgebrachten kulinarischen Köstlichkeiten zu genießen und zu feiern.

Es war, wie immer, die schönste Sukka die wir je hatten.

Dank der großen Gastfreundschaft von Rita und Uli feierten wir mit ca 50 Erwachsenen und Kindern ein sehr schönes  turbulentes und fröhliches Sukkot.

Am späteren Abend riß der Himmel auf und wir bewunderten den großen Vollmond der direkt in unsere Sukka schien.

Einige von uns kamen in den folgenden Tagen der Sukkot-Woche mit Freunden nach Gatow, um in der Sukka zu sitzen und der Wüstenwanderung zu erinnern.







Text: Marlis Ventur         Photos: Anna Adam



17. August 2014: „Zalman-Fest“ für Reb Zalman Schachter-Shalomi

                                             


Am Sonntag, den 17. August 2014 / 21. Aw 5774  feierten wir in unserer green shul in Gatow unser „Zalman-Fest“ für Reb Zalman Schachter-Shalomi z“l. Reb Zalman z“l  wäre am 17. August 90 Jahre alt geworden. Er war und bleibt unser Rebbe und unser Lehrer und hat unser Zelt  von Anfang an mit Liebe begleitet. So wurde es ein Lernfest auf unserem Feld, ganz so, wie Reb Zalman es sich gewünscht hätte.  Chasan Jalda hielt  einen Shiur zu einem -Text aus dem 2012 erschienenen Buch von Reb Zalman “ Wrapped in a Holy Flame: Teachings and Tales of the Hasidic Masters” Einige von uns haben Gedanken beigesteuert, die sie mit Reb Zalman verbinden. Unser Rabbi ist der Begründer von Jewish Renewal, woraus auch unsere Chavurah Ohel Hachidusch  entstanden ist. Reb Zalman und sein Chaver Shlomo Carlebach z”l  haben so viel Neues und Altes dem Vergessen entrissen, resp. “ re-newed” und damit die  moderne jüdische Liturgie bereichert. Berührende chassidische Melodien und Nigunim ( auf www.neohasid.org kann man einige anhören) sind über Jewish Renewal in die ganze jüdische Welt übernommen worden.  Einige haben wir auf  unserem Fest gesungen und. “V´taher Libeinu – Reinige unser Herz” neu gelernt. Es ist ein Lied der T´schuwah und passte ebenso wie der von Chasan Jalda für den shiur ausgesuchte Text zu den kommenden Hohen Feiertagen.  Und natürlich gab es noch viel mehr Gesang, ein Feuerchen zu Ehren von Reb Zalman und ein vegetarisches Picknick.






Reb Zalman wird uns auch weiterhin beim Lernen und Wachsen begleiten und inspirieren.

Text: Etha Jimenez                      Fotos: Anna Adam


28. Juni 2014: Willkommen als Bat Mitzvah, liebe Mathilda

Am 28. Juni 2014/ 30. Siwan 5774/ Schabbat Chukat/ Rosch Chodesch Tammus wurde Mathilda S. zum ersten Mal zur Thora aufgerufen. Wie mit Avery, unserem ersten Bar Mitzvah und mit Sophie, unserer ersten Bat Mitzvah, feierten wir wieder im Betsaal des geschichtsträchtigen ehemaligen jüdischen Waisenhauses in Berlin - Pankow.
Das Waisenhaus wurde 1882 gegründet und 1940 von den Nationalsozialisten geschlossen.  Einige Kinder konnten nach Holland und England gerettet werden, viele wurden jedoch in die Vernichtungslager deportiert.
Zur Zeit der DDR befanden sich in dem historischen Gebäude u.a. die Botschaften Polens und Kubas. 1999 erwarb die Cajewitz - Stiftung das Gebäude und renovierte es von grundauf. Die Stelle, wo sich früher im Betsaal der Thoraschrein befand, wurde bewusst offen und unverputzt gelassen. Bei der Renovierung wurde auch die bemalte Kassettendecke aus Stuck wieder freigelegt. An einer Stelle ist sie beschädigt. Auch das wurde so gelassen  wie  es  war. (www.juedisches-waisenhaus-pankow.de)

 
Photos: My-Linh,  http://www.kunst-photography.com/1.html
                                                                                   
Heute beherbergt das Gebäude u.a. eine private Schule und die Janusz-Korczak-Bibliothek. Durch Ohel Hachidusch zog auch erstmals wieder jüdisches Leben  in den geschichtsträchtigen Betsaal ein.

Zu Mathildas Bat Mitzwa waren 3 Generationen vereint: die Grosseltern waren aus  den  USA angereist. Eltern, Tanten, Onkels kamen von überall her. Und ausser Cousins, weiteren Verwandten, Freunden und Mitgliedern von Ohel Hachidusch füllte eine ganze Busladung mit Mathildas Schulfreunden die Sitzreihen. Der grosse Saal war rappelvoll, die Stimmung voller Energie. Was für eine Symbolik für junges jüdisches Leben in Berlin. Kantorin Jalda Rebling führte gewohnt sicher und warmherzig durch das Ritual. Falls irgendwo noch ein Rest von Lampenfieber war, verschwand er schnell unter ihrer Leitung. Besonders anrührende Momente waren, als Mathilda ein von ihrer Patentante  selbst genähter Tallit überreicht wurde. Den Tallit hat sie aus Stoff gefertigt, der noch aus der Manufaktur für feine Tischwäsche von Mathildas Urgrosseltern in der Rosenstrasse stammte . Die Familie konnte ihn auf ihrer Flucht vor den Nazis in die USA hinüber retten. Nun kommt dieser besondere Stoff in der 4. Generation als Tallit zu neuem Leben. Mathildas Patentante hat sicher auch viele gute Wünsche und Erinnerungen mit eingenäht. Und am Vorabend der Feier knüpfte Mathildas Familie gemeinsam mit Kantorin Jalda und Anna Adam (Vorsitzende von Ohel Hachidusch) noch die Zizit. Jeder Knoten enthält viele Segenswünsche für Mathildas Zukunft.




Photos: My-Linh, http://www.kunst-photography.com/1.html
                                                           

Mathilda las ihre Parascha flüssig und schön. Als die 3 Generationen gemeinsam zur Thora aufgerufen wurden, füllte eine besondere Kraft den Raum. Seit Jahrtausenden hält die Thora Juden in aller Welt und über unzählige Generationen -le dor va dor- zusammen.
Wir alle waren auf ihre Mathildas Derascha gespannt. Mathilda fasst sie so zusammen:
"In my speech I mostly talked about the character of Miriam and the symbolism of the letters of her name that re-establish her character. Her name consists of the letters mem, resh, jud, and mem. The letter mem connects her to majim (water), since she provides the Israelites with it. Being the source of it she is also the source of the torah, peace and life. The second letter resh, which has the numerical value of 200 stands for balance. Miriam is the balance in the way that she consists of the resh, swimming in water. If the water is gone, evil remains, but with both together there is balance. The third letter, jud, stands for the rock of the universe or the little drop from which every thing evolves. It also stands for her responsibility to keep the balance intact. If we all contribute to balancing the world in small ways, it will be a better place for all of us."

 
                               
Le dor va dor...                                                                        Photos: Anna Adam

Am Ende der Feier sagte Mathildas überglückliche Grossmutter: "I am full of joy and happiness".

Liebe Mathilda, mazel tow auch von Ohel Hachidusch auf deinem weiteren Lebensweg.

Text: E. Jimenez




Ohel HaChidusch und unser Wimpl zu Gast in Erfurt

Am 11.Mai 2014 fuhren 6 Ohelistas ( Chasanin Jalda, Anna, Anja, Jona, Claudia und Marlis) im Happy Hippie Jew Bus nach Erfurt.
Mit uns reiste unsere Tora, die von einem modernen Torawimpl gehalten wird.

Der Anlass unserer Reise war die Sonderausstellung „Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts" in der Begegnungsstätte Kleinen Synagoge Erfurt.
In einem Schabbat Mincha Gottesdienst  unter der Leitung unserer Chasanin Jalda Rebling konnten die Erfurter und Ihre Gäste erleben wie ein Torawimpl gebraucht wird.
Für den Gottesdienst  hatten wir zu einem Womens Minjan eingeladen.
Die Herren wurden eingeladen auf der Empore dabei zu sein.

Der Mincha Gottesdienst wurde von den Erfurtern sehr gut besucht. Viele erlebten das erste mal, wie Frauen einen jüdischen Gottesdienst leiten und aus der Tora lasen.
Nach dem Mincha, stellten wir den Anwesenden unseren modernen Wimpl vor und erzählten von seiner Entstehungsgeschichte.  Anschließend hatten wir noch sehr interessante Gespräche mit den Teilnehmern.




In der Ausstellung sahen wir wunderschöne und wertvolle Toramäntel, Bimadecken, Shabbes-Deckchen und Wimpl. Es war faszinierend wie gut erhalten diese Exponate aus dem 18.Jahrhundert waren.
In der Begegnungsstätte hatten wir auch die Gelegenheit eine alte nicht mehr genutzte Mikwe aus dem 19. Jahhundert direkt am Fluss Gera zu besichtigen.

Danach führte uns unser Weg durch die Altstadt zur Alten Synagoge. Dort erwartete uns die Museumsleiterin Ines Beese.  Sie lud uns zu einer Sonderführung ein.
Die Alte Synagoge Erfurt ist mit ihren ältesten Bauteilen aus dem 11.Jahrhundert die älteste bis zum Dach erhaltende Synagoge in Mitteleuropa. Die Alte Synagoge wurde nach dem Pogrom von 1349 in ein Lagerhaus umgewandelt und erst Anfang des 21. Jahrhunderts wieder restauriert.

Unsere Besichtigung begann an der Westfassade des Gebäudes, die um 1270 errichtet wurde.
Dann ging es weiter im Erdgeschoss des Hauses. Hier betraten wir den erhaltenen Großen Betsaal. Durch Lichtinstallationen wurde der Stand der Bima und des Tora-Schreins dargestellt.
Für mich war es ein wunderbares Erlebnis an einem Ort zustehen, an welchem Juden vor 700 Jahren, genau wie wir heute, das Schma Israel sagten. Spontan dachte ich an denVers : „L`dor va-dor nagid god`lecha u-l´netzach n´tzachim kedushat´cha nak`´dish“. -von Generation zu Generation wollen wir Deine Grösse verkünden und in alle Ewigkeit Deine Heiligkeit bekunden-

Es war ein sehr schönes Gefühl zu spüren, dass wir Glieder einer unendlich langen Kette sind.

Im nächsten Raum besichtigten wir den „ Erfurter Goldschatz“,  den vermutlich ein Erfurter jüdischer Bürger beim Pogrom von 1349 verborgen hatte. Dieser Schatz bestand aus Münzen, Geschirrteilen und Schmuck.
Jedes einzelne Stück war sehenswert. Das Prunkstück des Schatzes war ein wunderschöner und sehr kostbarer Hochzeitsring.
Zum Schluss des Rundganges sahen wir auch eine uns faszinierende hebräische Handschriftensammlung.  Das ist der eigentliche Erfurter Schatz.  Wir studierten die Texte.

Nach der hochinteressanten Führung, für die wir uns an dieser Stelle noch einmal bedanken möchten, haben wir uns in einem hübschen kleinen Café in der Altstadt für die Heimfahrt gestärkt.Voller wunderschöner Eindrücke fuhren wir Abends wieder nach Berlin zurück.
Vielen Dank an Anna und Jalda ,die uns diesen schönen Tag ermöglicht haben und uns sicher hin und zurück gebracht haben.
Text: Marlis Malkah Ventur          Fotos: Anna Adam
 


Pessach 2014

"Das Beste am Feste sind die Gäste!"
So hat sich dieses Jahr Ohel Hachidusch wieder viele Gäste ins Haus geholt um einen ausgedehnten Seder zu Pessach 5774 (2014 d.Z.) zu feiern. Jüdinnen und Juden aus verschiedenen teilen der Erde waren bester Stimmung und wurden mal heiter, mal erinnerlich, mal nachdenklich durch die Haggada von Kantorin Jalda Rebling geleitet. Selbst die Jüngsten waren bestens vorbereitet, so konnten sie mit Ma nischtana glänzen und Tränen der Rührung in die Augen treiben. So seien wir versichert, solange wir Pessach feiern und vom Auszug aus Ägypten erzählen in der hergebrachten Weise mit den Neuerungen der Zeit- das jüdische Wissen wird weitergetragen.
Nachdem Mazzemann Dajenu zum Besten gab, obwohl diesmal der Fehler ihm selbst zuzuschreiben ist, stand zum Abendessen ein hervorragendes, köstliches und ökologisch bedachtes Büffet an. Bei 1-13 Mi jodea konnten alle mit in eine den Text unterstützende Gestik einsteigen. Das Vierte Glas gab ein Übriges.
Fazit: Nächstes Jahr wieder in „Berlin“  -  gesungen klang es dann doch nach L’schana ha-ba‘a  ba jeruschalajim. Sehnsucht gehört eben dazu.
Wir danken dem Kascher- und Koch-Team für alle Mühen der Vorbereitung.



              
                 Text: Claudia Shulamit Frömmel                  Fotos: Anna Adam



Pflanzfest in Gatow 2014
Samstag, den 15.02.2014/15. Adar I 5774
Schabbat Tissa

Dieses Jahr feiern wir Tu biSchwat am 15. Februar nach. Cantor Jalda Rebling erklärt warum:

Die Mischna Rosch HaSchanah 1 lehrt uns vier Jahresanfänge:
Der 1. Nissan, der 1. des Monats Elul, der 1. des Monats Tischrej und der 1. des Monats Schewat nach der Lehre Schammais bzw.  der 15. des Monats Schewat nach der Lehre Hillels.
Der jüdische Kalender richtet sich nach dem Mond. Da aber unsere Feste eng mit dem Zyklus der Natur verbunden sind, müssen wir immer wieder eine Versöhnung zwischen dem Mondjahr und dem Sonnenjahr herstellen.
Hillel II ( 4. Jh u.Z.) legte in 19 Jahren 7 Schaltjahre fest.
Dieses System behalten wir bis heute bei.
Das Jahr 5774 (2013/2014) ist ein solches Schaltjahr. Wir werden einen 2. Monat Adar haben.

So wie Chanukka sensationell früh mit Thanksgiving zusammenfiel, so ist Tu biSchwat in diesem Sonnenjahr sehr früh.
Zu früh zum Pflanzen in unseren Breitengraden. Unsere weise Rita meinte, die Pflanzen hätten es zu schwer zu überleben.
Deshalb schlug Rita uns vor, genau vier Wochen später, zum Vollmond des Adar I ein Pflanzfest einzuführen.
Im Interesse der Pflanzen gefiel uns diese Idee sehr gut.
Am 15. Februar - das ist der 15. des Adar I - ist Vollmond. Eine gute Zeit zum Pflanzen.
Wir können also nach dem Mincha-Gottesdienst und der Hawdala in Gatow ein Pflanzfest feiern und die ersten Samen in Pflanztöpfe einbringen.

Es ist in unserer Tradition nicht unüblich, Feste nachzuholen, wenn man sie nicht zur rechten Zeit begehen kann.
Die Makkabäer haben Sukkot zu Chanukka nachgeholt und Pessach scheni ist eine Möglichkeit Pessach nachzuholen.
Wie es die Tora in Bamidbar 9:1-14 beschreibt.

So kam es, dass wir uns am 15. Febr. Um 17 h in Gatow zu unserem verspäteten Tu B´Schewat und Pflanzfest trafen. Wir hatten Glück. Das Wetter war mild und die Entscheidung richtig. Gemeinsam genossen wir eine durchaus reichhaltige 3. Mahlzeit  bei sternenklarem Himmel in der liebevollen Atmosphäre des Gutshofs und nachdem Ben 3 Sterne gesichtet hatte, verabschiedeten wir  uns mit einer stimmigen Hawdala unter Kantor Jaldas Leitung vom Schabbat . Und bevor sich die Alltagssorgen einschleichen konnten, begann ein fröhliches Pflanzfest.Unsere Kinder sind inzwischen Pflanz-Profis und waren konzentriert bei der Sache. Und bisher sind alle Pflanzen angegangen. Wir beschlossen diesen vollen Tag mit einem Besuch bei der sprechenden Birke hinter dem Gutshof, bei der man im Frühling manchmal hört wie ihre Lebenssäfte nach oben ziehen.. Das ist green shul at its best. Unsere Kinder erleben die zyklischen Feste in der freien Natur und wissen wie viele Wunder täglich passieren bis ihre leckere Kürbissuppe auf dem Tisch steht.


 
 

Text: Etha Jimenez             Fotos: Anna Adam




30. November 2013: Erew 4. Tag Chanukka/ Schabbat Miketz



Chanukka – Lichterfest
                                      
In der dunklen Jahreszeit kann man wohl nirgends so gut feiern wie in der Remise, dem ehemaligen Ponystall des Gutshofs Gatow, mit seinem schönen Holzgebälk und der behaglichen Wärme des skandinavischen Ofens. Unsere zahlreichen Chanukkiot spendeten das passende sanfte Licht. Manche trugen die wenige Tage vorher unter Annas Anleitung selbstgemachten Bienenwachskerzen. Nach Hawdala entzündeten wir die 4. Chanukkakerze,  erzählten Chanukka-Geschichten, sangen die traditionellen Lieder, die Kinder treidelten mit Begeisterung und alle genossen das festliche vegetarische Buffet.
Ein grosses Danke-schön an unsere Gastgeber Rita und Ulli, die wie immer so liebevoll einen festlichen Rahmen schufen.

 



                               Photos: Anna Adam     Text: Etha Jimenez




24.November 2013: Wir ziehen unsere eigenen Chanukka-Kerzen

Anna hatte mal wieder eine Super-Idee: Wir -d.h. Ohelistas und Freunde im Alter von 3 Monaten bis Mitte 70 Jahren- trafen uns im Gutshof Gatow und zogen unter Annas Anleitung unsere eigenen Bienenwachs-Kerzen für Chanukkah. Zur Stärkung gab es selbstgemachte Gemüsesuppe und Kuchen vom Gutshof.
                               
                             

Und für die Lauffreudigen unter uns natürlich einen Spaziergang zum Feld mit Besuch bei unseren inzwischen  beachtlich gewachsenen Obstbäumen. Auf dem Heimweg in der Dunkelheit hat sich manche(r) schon mal ausgemalt mit welch besonderem Licht diese eigenen Kerzen die häusliche Chanukkia bereichern werden. Ein grosses Danke-schön für Anna und unsere Gastgeber Rita und Ulli, die diesen gelungenen Nachmittag möglich gemacht haben.
                           
                           

                          Text: Etha Jimenez              Fotos: Anna Adam



17. November 2013: Mitzvah Day in Germany
Global Day of Jewish Learning
Creating Together: Jewish Approaches to Creativity and Collaboration.

Am Mitzwa-Tag verpflichten sich jüdische Gruppen in aller Welt zu einem Beitrag für
Tikkun Olam – Heilung der Welt
G´milut Chassadim – Nächstenliebe
Tsedek – Gerechtigkeit, Wohltätigkeit
zu leisten.

Ohel Hachidusch lud zu einem großen Get-together ein:
Wir brachten Mütter und Kinder unterschiedlicher Religionen, die sich einen Ferientag auf dem Lande nicht ohne weiteres leisten können, nach Gatow und schenkten ihnen einen Tag in der freien Natur. Der Happy Hippie Jew Bus war mit Bastelmaterial, Spielen und Büchern vollgestopft.



In Gatow angekommen, begannen wir mit einem leckeren Frühstück. Rita und Ulli aus Gatow und unsere Mitglieder hatten die Remise liebevoll dekoriert. Danach machten wir einen Spaziergang durch die Natur, besichtigten die Bockwindmühle, spielten Ball auf der grossen Wiese hinter der Remise, buken Stockbrot am offenen Feuer, malten, bastelten, lasen Märchen vor und spielten einige der Spiele aus dem unerschöpflichen Fundus des Happy Jew Bus. Am Abend brachten wir unsere müden Gäste nach Hause. Wir alle waren glücklich. Ein kleines Mädchen sagte noch: "Das war der schönste Tag in meinem Leben."  Es bleibt nicht der einzige, liebe E., wir laden euch wieder aufs Land ein.

   
 
Der Ewige sprach: es lasse die Erde Grünes hervorspriessen, Kraut das Samen bringt, Fruchtbäume die Frucht tragen, jeder nach seiner Art, in denen ihr Same ist, auf der Erde; und es ward also. (Bereschit 1:11)

Auf dem Gatower Feld haben wir dieses Wunder erlebt und wollen unsere Erfahrung miteinander teilen. Also füreinander da sein, füreinander Verantwortung tragen, miteinander die Natur genießen und ihr danken für all das, was sie für uns hervorbringt.




Text:Jalda Rebling               Fotos: Anna Adam



Jona Kirchners Buchvorstellung am 26. Mai 2013 in der Remise des Gutshofes an der Mühle in Gatow

Dr. Jona Kirchner  stellte ihr neues Buch, Die Summe der Eins ist Dreizehn. Eine Einführung in die Symbolik der Hebräischen Bibel, vor[1].

Ein sehr gutes Buch - ein wunderschöner Vortrag. Leise, einfühlsam, beinahe vorsichtig, ohne jede Attitüde erklärte und entfaltete Jona den Zusammenhang von Buchstabe, Zahlenwert und deren Bedeutung im hebräischen Alphabet und im Text der Bibel. Bescheiden, mit Esprit und Humor  lud sie die kleine Gruppe interessierter Menschen  in ihre Gedankenwelt ein.  Das Können dieser Philosophin offenbart sich in ihrem überaus leichten Umgang mit kreativen, eigenen Gedanken und ganzen Gedankenketten, basierend auf  fundiertem Wissen. Sie hat die Fähigkeit, den Bezug zum Hier und Jetzt unmissverständlich und fröhlich darzustellen. Es kommt kein pädagogischer Zeigefinger, keine moralische Ansprache. Stattdessen spricht sie  über  den vom Ich losgelösten großen Zusammenhang.

Gut strukturiert, sehr klar, leicht verständlich, auch für Nicht- Rabbiner und Menschen wie Du und ich, führte sie uns kompetent und sicher durch  Kerntexte der Schrift.  An keiner Stelle ließ sie das Publikum spüren, wie viel Studium und Reflexion -  besonders der einsamen, stillen inneren Auseinandersetzung mit sich und dem Weltverständnis - es braucht, um ein solches Buch  schreiben zu können.

In einer, dem Zuhörer zugewandten, partnerschaftlichen Atmosphäre hat Jona uns in eine freie Welt der Gedanken Einblick gewährt. Ich wünschte, es wären ein paar Rabbiner dabei gewesen. Es gibt mitten unter uns eine Philosophin, die ihr Handwerkszeug auch zur Erklärung der Bibel als dem Kern der jüdischen Tradition anzuwenden weiß. Was sie zu sagen hat, ist faszinierend, anregend und eine große Freude.

Ein lesenswertes Buch. Wir, die Ohelistas und Ohelistos, wünschen Dir , Jona, viel Erfolg und Glück – auf dass Deine Fähigkeiten bald von einer breiteren Öffentlichkeit entdeckt werden.

Danke

Channah  S. Arendt


[1]
                        [1] Jona Kirchner: Die Summe der Eins ist Dreizehn. Eine Einführung in die Symbolik der Hebräischen Bibel. München (Grin VL) 2012, ISBN 978-3-656-28943-2
 





5. Mai 2013: Pflanztag in Gatow
 

Frisch aus dem winterlichen Norwegen in Berlin eingetroffen, kam mir die Remise Gatow am Sonntag, dem 5. Mai beinahe vor wie der schönste Ort auf Erden.  Die Sonne, die Wärme, die Blumen, die Bäume, die Farben, die Düfte, das Vogelgezwitscher und vor allem – die Menschen!
Nach und nach trafen die Ohelistas ein und so gingen wir in Richtung Acker – die Bäume (von Anna besorgt) in einer Karre ziehend und die ganze Utensilien mit Rita im Auto fahrend.  
Wie es sich gebührt, wurde erst ein Familienphoto aufgenommen.  Danach hat Rita sehr viel Interessantes und Nützliches, über den Acker und alles was darauf wachsen kann erzählt:  Dies ist das 3. Jahr auf dem Felde, das Ulli gerade frisch gepflügt hatte.   Die Kartoffeln sind dieses .Jahr. in der Mitte des Acker vorgesehen und außerdem werden verschiedene Sorten Freilandtomaten gepflanzt. Und als besonderen Clou legen wir nächstes Wochenende unter Annas fachlicher Anleitung ein Hochbeet am Ende des Ackers an, damit jeder, der sich nicht bücken kann, auch beim Säen und Ernten mittendrin ist.
Von Rita, die ganz viele Samen gesammelt hatte, hat jeder einen Handvoll Insektenbuffet zu säen bekommen.  Zuerst wurde jedoch den Segenspruch „Sheheheyanu“ gesprochen und dann kamen die Samen behutsam in die Erde.
 

 


Unsere Obstbäume, die wir im letzten Herbst gepflanzt haben, haben den harten Winter erfreulicherweise fast alle gut überstanden.Die 6 neuen Obstbäume waren jetzt an der Reihe.  Geeignete Stellen zum Pflanzen wurden gefunden und die Buddelarbeit konnte anfangen.  Gar nicht so einfach!  Aber als Ben sich ganz selbstverständlich an die Arbeit machte, war es eine wahre Freude!  Ganz fachmännisch hat er ein Loch für meinen Pflaumenbaum in die Erde gegraben und den Baum ins Loch gesteckt.  Die ausgegrabene Erde wurde herübergeschüttet und schließlich wurden 2 große Kanister voll mit Wasser herübergegossen.  Alles fertig!  Ben, vielen Dank!
„Ein Ort ist mit wem Du bist“ -  hat sich an diesem Sonntag bewahrheitet!
Einen herzlichen Dank an alle.

 
                     
Text: Rachel     Fotos: Anna Adam                                         
                             


12.und 13. April, 2013 :
Schabbaton mit Kantorin Jalda Rebling:
Von Pessach zu Schawuot: Die Tage des Omerzählens

 Von Pessach

                      zu Schawuot

Kantorin Jalda Rebling hatte sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: ein Shabbaton in der Omer-Zeit. Also ein Shabbat so wie er sein sollte. Eine Auszeit zum  Lernen, Loslassen und Auftanken. Schon ihre Ankündigung lässt Schabbat-Geschmack aufkommen:

 
Von Pessach zu Schawuot: Die Tage des Omerzählens
Workshop 12/13 April 2013 – 3. Iyyar 5774
Paraschat Tasria-Metzora:  Leviticus 12:1 - 15:33
 
Der Neumond des Monats Ijar liegt zwischen Nissan, dem Frühlingsmonat und dem ersten Pilgerfest Pessach und dem Monat Siwan, der Monat des zweiten Pilgerfestes Schawuot.
Zwischen beiden Festen sollen wir 7x7 Tage zählen. Es sind sieben Wochen bis zum 50. Tag.
In anderen Traditionen spricht man von Pentacoste = Pfingsten.
Jeden Tag zählen wir das Omer. Es ist eigentlich eine Garbe.
Welches sind unsere Garben, die wir in den 49 Tagen zwischen den Festen darbringen?
Wem bringen wir sie dar?
Warum sollten wir sie darbringen in einer Zeit, in der die meisten Menschen die Verbindung zur Natur und oft auch zu sich selbst längst verloren haben?

In der Nachbarschaft des aufblühenden Botanicums des Gutshofes Berlin - Gatow
werden wir T´hillim – Psalmen singen, Geschichten erzählen, Tora lesen und uns miteinander
eine Aus-Zeit, einen Schabbat, gönnen. 
Jalda Rebling

Wir begannen unsere Auszeit Freitag mit Kabbalat Schabbat, ein Gottesdienst mit viel Gesang und Zeit zum Nachspüren und Ankommen. Auch Schacharit und Mincha am Samstag feierten wir in ganz entspannter Atmosphäre, offen für neue Gedanken und immer wieder überrascht von der Schönheit der Texte, die uns eigentlich geläufig sind bzw. von der Intensität einiger Tehillim und Gebete, die nicht fester Bestandteil traditioneller Gottesdienste sind. So machte uns Angela auf das Gebet „We are loved by an unending love“ von Rabbi Rami Shapiro aufmerksam, das sie wegen seiner Trost spendenden Tiefe auch manchmal in therapeutischen Settings einsetzt. Es findet sich in Marcia Pragers Siddur. Wir sprachen es mit offenen Ohren und offenen Herzen und spürten seinen Zauber. Seither ist es Teil vieler unserer Gottesdienste.
Jalda gab uns einen fundierten Schiur zum Omerzählen. Wir hatten verschiedene Texte  mitgebracht (z.B. Shifrah Tobacman, Jill Hammer, Min Kantrowitz) und konnten ihre unterschiedlichen Ansätze auf uns wirken lassen.
Und natürlich nahmen Singen und Chanten einen grossen Raum ein. Bert brachte seine Gitarre mit und begleitete uns zum 23. Psalm. Einige von uns fühlten sich von den Texten, Melodien und der Rhythmik der hebräischen Sprache ganz neu angesprochen . Sie gingen unter die Haut. Es entstand Schabbat-Magie.
Zu dieser Magie trug auch die Zeit bei, die wir mit Rita in ihrem Garten der Weltreligionen und Botanicum verbrachten. Obwohl für oberflächliche Blicke noch nicht viel zu sehen war,schaffte es Rita, uns die Energie der Natur spüren zu lassen, die uns umgab. Die Jungpflanzen im Gewächshaus und die von unseren Kindern an Tu bi Schwat gepflanzten Kürbisse und Chayote strotzten vor Energie. Die ersten Blumen und grünen Spitzen an den Bäumen waren die Vorhut des verspäteten Frühlings. Wachstum lag in der Luft, nicht nur bei uns .
Wir erhielten Anregung und Nahrung. Eine schönere Vorbereitung auf den Empfang der Tora kann ich mir nicht vorstellen. Danke, liebe Jalda.

 

Foto: Im Garten der Weltreligionen, Gutshof Gatow

Ein grosse Danke-schön geht auch an den Gutshof Gatow und Gatows ev. Kirchengemeinde, die uns ihre Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt haben.

Illustrationen und Foto: Anna Adam      Text: Etha Jimenez


Pessach 2013
 
Wie jedes Jahr lud Ohel-Hachidusch am 26.3.2013/15.Nissan 5773 zum  2.Sederabend ein.
Mit viel Vorfreude bereitete unser Vorbereitungsteam unter Leitung von Anna Adam das Fest vor.
Es wurde geputzt, gekaschert, geräumt, eingekauft, geschnipselt und gebrutzelt.
Zu unseren Sederabend konnten wir 50 Mitglieder und Freunde in unserem Zelt begrüßen.
Unter unseren Gästen waren wie jedes Jahr zahlreiche Kinder.

 
 

Diesmal erlebten wir ein besonderes Highlight. Erstmals benutzten wir für den Seder die neue Haggada von Annette Böckler.  Dadurch konnten die Anwesenden, die nicht hebräisch lesen können unsere Lieder mitsingen, was uns allen viel Spaß machte. Kantorin Jalda Rebling führte uns mit gewohnter Souveränität durch den Seder.
Unsere Kinder suchten mit großem Eifer und Freude den Afikoman und erhielten für die Auslösung viele schöne Geschenke.

 

Für den kulinarischen Genuss sorgten Anna Adam und Gaby Nonhoff mit Unterstützung eines sehr kreativen Kochteams.
Es war ein rundherum wunderschöner Abend.
Mir persönlich ist an diesem Abend besonders bewusst geworden, dass an unserem Seder Juden aus vier Generationen gemeinsam aus Mizrajim auszogen: ein Wunder mitten in  Berlin.
Dafür bin ich sehr dankbar.

Wir danken Jalda Rebling, Anna Adam, Gaby Nonhoff und den vielen anderen fleißigen Helfern für diesen gelungenen und schönen Abend und freuen uns schon auf den Sederabend nächstes Jahr wieder in Berlin.

Text: Marlis Ventur                   Fotos: Anna Adam



 Simchat Chochma und Tu biSchwat :

26. Januar 2013/ 15. Schewat 5773/ Schabbat Beschallach

Es hätte nicht besser passen können:

an Tu biSchwat, dem Neujahrsfest der Bäume, an dem die Pflanzen bereits den Frühling spüren und sich für neues Wachstum bereit machen, besiegelte Rachel ihre Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinschaft und wurde Bat Chochma, eine Tochter der Weisheit. Am Ende ihres Arbeitslebens mit Beginn eines neuen Lebensabschnitts bestätigte und stärkte sie ihre jüdischen Wurzeln und bereitete sich auf neue Ziele vor.

Liebe Rachel, wir sind Dir dankbar, dass Du uns an Deiner Freude über die Weisheit der Tora und jüdischer Tradition hast teilhaben lassen. Wir wünschen Dir alles Gute für Deine nächsten Ziele, für die Du so viel Lebensweisheit, Lebenserfahrung und positive Energie mitbringst. Es war ein besonderes Erlebnis für uns alle als Du von Kantorin Jalda zur Tora aufgerufen wurdest, aus der Tora gelesen hast und uns dann in Deiner Derasha zu Beschallach in eine lebhafte Diskussion verwickelt hast. Die Israeliten hatten das Schilfmeer überquert und besangen ihre Rettung. Auf ihrer langen Wanderung zur Läuterung machte sich jedoch immer wieder Unzufriedenheit breit. Wir alle wurden gerettet aus mizrajim und haben auf dem Weg in die Freiheit viele Wunder erlebt. Aber an unserer persönlichen Freiheit und unserem inneren Wachstum müssen wir selbst und ständig arbeiten. Sie werden uns nicht als Wunder geschenkt.

  

 

Jetzt war der Boden für Tu biSchwat vorbereitet. Nun konnten wir aus einer neuen Perspektive mit den Kindern zwar nicht Bäume aber kleine Setzlinge pflanzen. Anschliessend gingen wir nach draussen, um Ritas legendäre Birke wachsen zu hören.

   

   

Alles wurde abgerundet durch Gabys leckeres Buffet und die Gastfreundschaft von Rita und Ulrich.

Vielen Dank und mazal tow, liebe Rachel.

Text: Etha Jimenez           Photos: Anna Adam

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 22. Dezember 2012: Unsere erste Bat Mizwa Feier

Am 9. Tewat 5773, an Schabbat Wajigasch, wurde Sophie zum ersten Mal zur Tora aufgerufen.Nun hat Ohel Hachidusch ausser Avery, unserem ersten Bar Mizwa mit Sophie auch eine Bat Mizwa, eine Tochter des Gesetzes.

Die Feier fand wieder im Betsaal des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses in Pankow statt. Der Ort hat eine lange wechselhafte Geschichte. Nach den November-Pogromen gelang es Curt Crohn, dem Leiter des Waisenhauses, zahlreiche Kinder in Kindertransporten in Grossbritannien in Sicherheit zu bringen. Aber spätestens 1942 wurden die letzten Bewohner des Hauses deportiert und viele von ihnen ermordet. Heute sind in dem Gebäude der Cajewitz-Stiftung eine private Schule und die Janusz-Korczak Bibliothek untergebracht. Der Betsaal wurde bewusst nur teilweise renoviert. Die Shoa ist zu spüren. 

Ohel Hachidusch nimmt den verloren geglaubten Faden der jüdischen Geschichte dieses Ortes wieder auf.Wir empfinden es als ein würdiges Gedenken und eine besondere Ehre, dort unsere Jugendlichen zum ersten Mal zur Tora aufrufen zu dürfen.

 

Sophies Verwandte kamen aus allen Teilen der USA, um bei diesem Ereignis dabei zu sein. Weder der hiesige kalte Winter noch die lange Reise konnten Sophies Grosseltern davon abhalten, sogar aus Kalifornien anzureisen. Und natürlich waren auch Sophies hiesige Familie und ihre Freunde zahlreich vertreten.

Sophie hat alle Erwartungen voll erfüllt, ihre Parascha souverän gelesen und sich in ihrer Derascha als selbstbewusste, jetzt erwachsene Jüdin gezeigt. Sie wurde von Kantorin Jalda Rebling, die sie ein ganzes Jahr lang auf diesen Tag vorbereitet hat, liebevoll und humorvoll unterstützt, so dass die Atmosphäre festlich-locker war.

 

 

 

Zum Abschluss genossen alle eines von Gaby Nonhoffs berühmten Buffets. Und abends war natürlich Party.

Mazal tow, liebe Sophie, Ohel Hachidusch wünscht Dir, dass Du sowohl in guten als auch schwierigen Zeiten im Judentum und in jüdischen Gemeinschaften immer einen Ort findest, der Dein Ort ist, egal wo in der Welt Du gerade lebst.

                                      

Text: Etha Jimenez

Photos: My-Linh 
http://www.kunst-photography.com/1.html

 

Simchat Tora 2012


Ohel Hachidusch ist eine noch junge Chavura, aber dennoch haben wir schon viele denkwürdige Feste zusammen gefeiert; besonders solche, die in Zusammenhang mit unserer Tora stehen.

Im Dezember 2008 übergab die Gemeinde Shir Tikvah aus Troy/Michigan
im Rahmen des "Torah Active Kiddushim" Programms Ohel Hachidusch
ihre Beth Jacob Tora. Ihre ältesten Teile stammen aus dem 18. Jahrhundert.
Die Tora wurde vermutlich in der Tschechoslowakei geschrieben. Deshalb war es auch der Wunsch 
der Shir Tikvah Gemeinde, dass die Tora nach Europa zurückkehrt.
Und am 28. November 2009, Schabbat Wajeze, feierten wir gemeinsam mit Rabbi Arnie Sleutelberg  von Shir Tikvah und 15 Mitgliedern seiner Gemeinde unser Torafest im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus Pankow. Zu unseren Ehrengästen gehörten Rabbiner Tovia Ben-Chorin, liberaler Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Berlin und Rabbiner Walter Rothschild, Landesrabbiner von Schleswig-Holstein.
Siehe Artikel Torafest

  

Dann vor einem Jahr, am 22. Okt. 2011, Schabbat Bereschit, konnten wir- wieder  im ehem. Jüd. Waisenhaus Pankow -  Avery, als unseren ersten Bar Mizwa willkommen heissen. Wir waren alle gerührt und beeindruckt wie er  die Parasha Bereschit aus unserer Jahrhunderte alten Torarolle leynte.
Unser erster Bar Mizwa

 
 

Auch Simchat Tora 2012/5773 war für jeden von uns eine dichte spirituelle Erfahrung. Wir erlebten unsere Tora wieder ganz aus der Nähe. Jede(r) hielt sie im Arm.  Einige von uns waren in ihrem ganzen jüdischen Leben der Tora noch nie so nahe gekommen. Dank Kantorin Jaldas  inspirierendem Unterricht und ihrer Geduld lasen auch 3 neue Toraleyner zum ersten Mal aus der Tora. Bevor wir die Tora mit viel Gesang wieder zusammenrollten, erklärte uns Kantorin Jalda noch einige graphische Besonderheiten, mit denen der Sofer vor über 200 Jahren gerade das Anfangskapitel der Tora verziert hat.

 
 
 
 

 Am 22. Dezember feiern wir an demselben besonderen Ort unsere erste Bat Mitzwa. Sophie wird zum ersten Mal zur Tora aufgerufen. Mazal tov, liebe Sophie.

Und auch nächstes Jahr werden wir wieder ein besonderes Torafest feiern: 5 Jahre Beth Jacob Tora bei Ohel Hachidusch. Wir beginnen schon mit der Planung.

Text: Etha Jimenez              Fotos: Marco Limberg und Anna Adam



Sukkot 2012 - 5773

Unsere Sukkah wird von Jahr zu Jahr grösser, schöner, grüner und bunter. Und unsere Kinder sind inzwischen dank Annas Anleitung versierte Sukka-Baumeister. Die grosse Wiese neben dem Gutshof Gatow ist ein perfekter Standort, das Wetter war ideal und wir freuten uns sehr, dass wir zahlreiche Gäste begrüssen konnten. Abends schien der grosse volle Mond in unsere Sukka, genauso wie es sein soll.

 
 
 
 
                                       
Ein ganz besonderer Höhepunkt dieses Festes war ein Konzert von Kantorin Jalda Rebling und Franka Lampe (Akkordeon) an Erew Sukkot. Sie spielten mit viel Herz, Temperament und Einfühlungsvermögen jiddische Lieder, die noch aus dem Archiv von Lin Jaldati sel. A., Jaldas Mutter, stammen und von Franka arrangiert wurden.


 
 
Bei Sternen- und Kerzenlicht ging ein langer, besonderer Festtag mit einem leckeren Kiddusch, zu dem alle beigetragen haben, zu Ende.  

                                 
                                             

                           Fotos: Anna Adam                      Text: Etha Jimenez



Rosch Haschana 2012 - 5773

Wir trafen uns am 17. September 2012/ 1. Tischri 5773, dem Nachmittag des ersten Tages Rosch Haschana an einem ruhigen aber gut zugänglichen Platz an der Havel, um eine Variante von Taschlich, einem bewegenden Ritual aus dem 13. Jahrhundert, zu feiern. Anja hatte lösliches Papier besorgt und jede(r) notierte einige Dinge, die wir in unserem Verhalten unseren Mitmenschen gegenüber im neuen Jahr ändern wollten. Es war ein besonderer Augenblick als die kleinen Zettel von der Havelströmung fortgetragen wurden. Susannes und Annas Schofarot mit ihrem mächtigen, archaischen Tekiah, Schewarim und Teruah führten uns anschliessend noch tiefer in unsere Gedanken und Erinnerungen an frühere Jahre. Wir fühlten uns verbunden mit allen Juden, die überall in der Welt das neue Jahr 5773 mit neuer Hoffnung begehen.

  
    

Maariw beteten wir unter Anjas Leitung in Ritas Garten der Weltreligionen, dessen besondere spirituelle Atmosphäre und Blumenpracht schnell unsere Andacht vertieften. Mit einem reichhaltigen Kiddusch an Ritas bunt geschmückter Tafel beendeten wir dieses schöne Fest. 

  Ein grosses Danke-schön geht an Anja, die uns sicher durch die Liturgie geführt hat, an unsere beiden versierten Schofar-Bläserinnen und an Ulli und Rita vom Gutshof Gatow für ihre warmherzige Gastfreundschaft.

Fotos: Gaby Nonhoff          Text: Etha Jimenez


3. August 2012/ 15. Aw 5772: Ein Tu be Aw- Fotospaziergang in Gatow mit Gaby

Passend zu Tu be Aw lädt Euch Gaby zu einem Fotospaziergang durch den Garten der Weltreligionen und über unser Ökokaschrut-Feld ein. Beide verdanken ihr üppiges Wachstum und ihre ganz besondere Atmosphäre Ritas grossem grünen Daumen und einigen fleissigen Ohelistas. Auch dieses Jahr haben wir wieder eine reichhaltige Ernte an gesundem Bio-Gemüse und vielen bunten Blumen für unsere Kidduschim.


  
  



  



Fotos: Gaby Nonhoff


Ohel Hachidusch hat ein "Writing Girl"

Wir sind stolz darauf, dass Donna Swarthout Teilnehmerin in dem von Aviva (http://www.Aviva-berlin.de) und der Stiftung "Zurückgeben" geförderten Projekt "Writing Girls" zur Entdeckung verborgener Frauenbiographien in Berlin ist. Donna hat mit ihrem anrührenden Beitrag ihrer von den Nazis ermordeten Grosstante Meta Adler ein Denkmal gesetzt.

http://www.aviva-berlin.de/aviva/content_Juedisches%20Leben_Writing%20Girls.php?id=141271



1. Juli 2012: Rabbi Tsvi Blanchard bei Ohel Hachidusch

Wir hatten mal wieder grosses Glück: am 1. Juli 2012 besuchte uns Rabbi Tsvi Blanchard auf unserer "Aussenstelle" in Gatow,  um uns einen Shiur zu geben und unser Öko-Kashrut Projekt kennenzulernen. Rabbi Blanchard hat einen beachtlichen beruflichen Lebenslauf: Er ist orthodoxer Rabbiner, Director of Organizational Development at CLAL - The National Jewish Center for Learning and Leadership-, Jurist, promovierte in Psychologie und Philosophie und hält die Meyer Struckman Professur für Jüdisches Recht an der Humboldt-Universität in Berlin. Und noch viel mehr. Einzelheiten finden Sie im link:

http://torahinmotion.org.c1.previewmysite.com/spkrs_crnr/faculty/bioTsviBlanchard.htm
                        
Seinem Shiur lag Gen. 11, 1 - 8 ( Turmbau zu Babel, Parascha Noah) zugrunde. Im Gegensatz zu den üblichen Interpretationen, dass Gott die bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Sprache sprechenden Menschen für ihre Arroganz und ihren Grössenwahn bestrafen wollte, stellte Rabbiner Blanchard einen anderen Gesichtspunkt zur Diskussion: das von Gott auferlegte Sprachgewirr war auch eine Chance. Dadurch konnten sich kulturelle Vielfalt, Visionen, neue Ideen und weiteres Wachstum entwickeln. Ohne diese macht sich lähmende Stagnation in Gruppen, Gemeinschaften und Ländern breit. Diese Interpretation hat uns fasziniert und darin bestätigt, Kreativität und Indivudualismus unserer Ohelistas nicht durch lähmenden Konformismus zu ersticken.
 
      
Nach dem Shiur hatten wir Gelegenheit zu weiteren Fragen. Da wenige Tage vorher ein Kölner Gericht die rituelle Beschneidung bei Juden und Moslems als Körperverletzung und damit als strafbare Handlung eingestuft hatte, bestand reichlich Diskussionsbedarf. Wir waren dankbar für die Chance, in Rabbi Blanchard einen  Experten für jüdisches Recht bei uns zu haben. Mich persönlich hat es sehr betroffen gemacht als er erwähnte, dass er so etwas wie das Kölner Urteil erwartet hatte, denn die Fragen seiner Studenten hatten ihn vorgewarnt. Ich frage mich ob die sprichwörtliche German angst die rituelle Beschneidung verurteilt aber eigentlich die unbekannten Religionen meint?

Rabbi Blanchards Begabung, praktische Ratschläge zu geben und Stoff zum Nachdenken zu vermitteln, hat mich sehr beeindruckt. Trotz seiner wissenschaftlichen Leistungen ist er mentsh geblieben. Lieber Rabbi Blanchard, vielen Dank, dass Sie uns nicht nur einen Shiur über Vielfalt gegeben haben sondern sie auch vorleben.


   

Text: Etha Jimenez                  Photos: Anna Adam



Purim 2012

Ohel Hachidusch hatte mal wieder grosses Glück: Carolyn Landry leitete bei uns am 7.3.2012, an Erew Purim, ein interaktives Puppenspiel. Alle Puppen und das Bühnenbild (Ishtar- Tor) wurden von ihr bis ins kleinste Detail liebevoll handgemacht wie ihr euch in der folgenden Bilderserie überzeugen könnt.





 
Claudia und  Daniel erwiesen sich  als talentierte Puppenspielschüler und Cantor Jalda las professionell Carolyns Variante der Esther-Geschichte. Für spontane Einfälle war natürlich auch reichlich Raum.



Die Kinder waren beeindruckt und begeistert und besonders Ben  legte sich mit einem wilden  Trommelwirbel auf allem, was Krach machte, ins Zeug, wenn sich das Stichwort “Haman” durch eine unheilvolle Stimmveränderung Jaldas ankündigte.

Natürlich waren auch die meisten von uns verkleidet: vom freundlichen Punk bis zum Roboter gab es viele phantasievolle Kostüme.


                             

Beim abschliessenden Kiddusch stärkten sich alle Puppenspieler und Krachmacher mit vielen hausgemachten Leckereien. Aber in erster Linie selbstverständlich mit Hamantaschen  in allen Variationen, um allen Hamans dieser Welt ein Schnippchen zu schlagen.

 
                                             

Wir danken allen, die in irgendeiner Form geholfen haben, also allen. Besonders aber Carolyn. Liebe Carolyn, komm bald wieder mit Deinem prächtigen Puppen-Ensemble.
Text:  Etha Jimenez
Fotos: Anna Adam, Gaby Nonhoff



Pessach 5772 -  2. Seder im Zelt von Ohel Hachidusch
 

Viele hatten bei den Vorbereitungen geholfen: es wurde geputzt und gekaschert mit Marlis,
eingekauft, geschnipselt, gekocht und dekoriert; es wurden Tische und Stühle gerückt und Getränke geschleppt. Die Sedertafel sah nun festlich und einfach wunderschön aus. Die Gäste konnten kommen. Noch schöner als im Vorjahr, sagte Anna nach Künstlerinnenblick. Unser Zelt, frisch geschmückt, zeigte sich also prächtiger als zuvor und barg damit das Versprechen, dass zukünftig vielleicht noch mehr warten wird. Wir waren insgesamt 50 Feiernde. Dies schien schon einmal, angesichts der Ausmaße des Zelts, rein optisch, ein gelungener Umfang für unsere Tischgemeinschaft. Einige waren extra von fern nach Berlin gereist und eine Teilnehmerin hatte noch nie zuvor einen Sederabend erlebt. Die Kinder tummelten sich auf dem Playgroundteppich in der Raummitte.


Darum zog sich die mit bunten Frühjahrsblumen geschmückte und mit köstlich aussehenden Dingen reich bestückte Festtafel. Sie bot auch alles Rituelle, was dazu gehörte incl. der Orangen.
                                     
Für deren Platz auf dem Sederteller, so wurde allen vorab erläutert, hatte Susannah Heschel in USA vor Jahren den Anstoß gegeben. Unser Ehrengast war Rabbiner Levinson, der Annemarie Werner als  liebevolle Betreuerin an seiner Seite hatte. Er ließ in seinem greisen Alter keine Gegenwart erkennen, doch später als wir zu den rituellen Speisen kamen und die vertrauten Lieder, Lobsprüche und Psalmen sangen, hatte ich das sichere Gefühl, dass wir alle zusammen feierten. Die Aufmerksamkeit der festlich gekleideten Menschen richtete sich voller Vertrauen auf unsere Kantorin Jalda Rebling  Sie würde uns sicher durch die Haggada führen.

Zu Beginn beschrieb sie die Tradition der Trontheimer Juden, die ihre Schabbatzeiten seit jeher nach „Jerusalem time“ ausrichten. Sie erklärte auch, dass es dem Brauch entspräche, einen Jom Tov zeitlich auszudehnen. Dann nahm sie von einer brennenden Kerze Licht ab und entzündete die Festtagskerzen. Kadesch - der erste Schritt! Dann zogen wir weiter, Schritt um Schritt, aus Mitzraim und unserer Befreiung entgegen. Jalda erläuterte, dass die Israeliten ihre Unfreiheit in Mizraim überhaupt erst nach dem Auszug erkennen konnten. Die Spanne beide Seiten wahrzunehmen und die Möglichkeit zu haben, Freiheit wählen zu können, setzte voraus, die Sicherheit Mitzraims zu verlassen und die Unsicherheit des Auszugs zu wagen. Die politische Aktualität der Haggada zeigte unsere Kantorin dann an folgendem Beispiel auf: So heißt es doch dort  an einer Stelle, dass Pharao die Israeliten zu fürchten begann, die zu einem großen Volk herangewachsen waren. Pharao unterstellte den Israeliten, dass sie Krieg unter die Völker bringen würden. Wie alt und wieder neu ist doch dieser Vorwurf! Ich denke, dass immer wieder Kamele um "Pharaostern" von dem "Grass" fressen, im Glauben, es sei längst drüber gewachsen. Wir vergessen nicht und erinnern uns. -  Dann das köstliche ökokoschere Mahl! Bereitet mit Liebe und Erfahrung der Chefinnen Anna und Gaby und ihren Helfern. Dieses wahre Symposiumsmahl spottete allen Frühjahrsdiäten. Das Lamm mundete einfach englisch, die Beilagen übertrumpften einander schon bald im Wettlauf um die Magenrestplätze, auf die sich dann doch noch der munchy Matzenkuchen quetschten konnte und so den Afikoman vorsüßte. Den erhielten wir auch in diesem Jahr wieder von Ben, der das Versteck mit feinem Spürsinn ausmachte, nachdem die anderen Kids aufgeregt daran vorbeigestürmt waren. Geschenkle gabs dann - klar doch - für alle Kinder! Elia erhielt selbstverständlich seinen Becher Wein und Miriam ihr Glas Wasser. Der Ohelseder klang mit Liedern und dem Zählen des 1. Omers aus. Bis nächstes Jahr in Jerusalem! Oder in Berlin? -  Mein Vater, sel. A., sagte früher immer: wir denken jetzt an die fernen Lieben! Ich glaube, ich teile beim Seder mit vielen ein Gefühl der Verbundenheit. Das Bewusstsein, dass überall auf der Welt, rund um die Uhr, wie schon in vielen Generationen zuvor,  Juden mit uns feiern, stärkt. 
Text:   Deborah Williger
Fotos:  Anna Adam, Gaby Nonhoff


Schiur mit Rivka Jaussi: "Mahlzeit - b-Te´avon". Von der jüdischen Tradition des Segnens und den Traditionen des Brotsegnens

An Schabbat Wajikra/Rosch Chodesch Nissan hatten wir bei Ohel Hachidusch das Vergnügen, von Rivka Jaussi - Autorin eines Siddurs in geschlechtergerechter Sprache - eine Menge Interessantes über die Tradition jüdischer Segenssprüche zu erfahren. Ausgangspunkt ihres Vortrags war die Frage, ob es überhaupt gestattet ist, Segenssprüche zu verwenden, die von den üblichen Formulierungen abweichen.

Rivka erklärt uns, dass die Wurzeln der Segensformeln, wie wir sie heute kennen, zwar im Tanach liegen (1. Chronik 29:10), dass jedoch bereits in rabbinischer Zeit kreative Prozesse stattgefunden haben, die Kürzungen und Umschreibungen mit sich brachten. Eine ganz grundlegende Ergänzung war beispielsweise die unmittelbare Ansprache des Göttlichen mit "atah" (du), worin sich übrigens ein wichtiges Detail verbirgt, von dem gleich noch die Rede sein wird.

Nachdem also offensichtlich ist, dass ein formender Umgang mit Bestehendem nicht nur zulässig, sondern sogar beste Tradition ist, stellt uns Rivka im nächsten Schritt verschiedene Variationen des Brotsegens vor. Dabei geht sie vor allem auf das Anliegen feministischer Gruppierungen ein, durch die Wortwahl weibliche Aspekte des Göttlichen sichtbar zu machen.
An dieser Stelle tritt nun die spannende Erkenntnis zu Tage, die das "atah" betrifft. Die Mystiker des Mittelalters nämlich meinten, in diesem kleinen Wörtchen einen überraschenden Hinweis zu entdecken: Der Buchstabe ה am Ende eines Wortes im Hebräischen, dem der Laut "a" vorangeht, kennzeichnet in der Regel ein grammatikalisch weibliches Wort. Was könnte das bedeuten? Die Mystiker verstanden es als Hinweis auf die Schechina, die traditionell als weiblich verstandene Gegenwart des Göttlichen in der Welt, die auch mit der zehnten Sefira Malchut assoziiert wird. Was läge also näher, dachten sich vor allem Frauen, als das "du" in der weiblichen Form zu verwenden und die Schechina auch zu benennen? So entstand: "Brucha at Sch'china..."  
Die Beobachtung, dass der Wortstamm von "Baruch" identisch ist mit dem von "Brecha", was Schwimmbecken, Bassin oder Wasserquelle bedeuten kann, ermöglicht eine Lesart von
 ברוך אתה nicht als "gesegnet/gelobt seist du", sondern als "Wasserquelle du". Daraus wiederum kann die Formulierung "Brucha at Ein ha-Chajim" ("Quelle des Lebens") abgeleitet werden - im Hebräischen wie im Deutschen auch grammatikalisch weiblich.
Da das Göttliche letztlich jenseits der Kategorien "männlich" oder "weiblich" gedacht werden muss, finden viele von uns spontan Zugang zu der geschlechtsneutralen Einleitung "Nevarech et..", "Segnen wir/Wir wollen segnen". Diese betont gleichzeitig die aktive Rolle der Segnenden sowie durch die Verwendung des "wir" die Gemeinschaft.
Im Segensspruch des humanistischen Judentums ist das Göttliche ganz in den Hintergrund getreten; stattdessen richtet sich der Blick auf die Arbeit der Menschen, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass das Brot auf unseren Teller gelangt ist ("die Brot aus der Erde hervorbringen", "unserer Hände Mühe"). Vielleicht ein guter Anlass darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen unser Essen entsteht? Außerdem bietet diese Variante natürlich die Möglichkeit, die Tradition des achtsamen Innehaltens vor dem Essen auch unabhängig von religiösen Vorstellungen beizubehalten. Die Unterzeichnende mag sich mit dieser anthropozentrischen Formel jedoch nicht so recht anfreunden.
Mithilfe eines kleinen "Baukastens" können wir zum Schluss individuelle Segensformeln selbst zusammenstellen. Besonders gefällt mir persönlich der Baustein "Ruach ha-Olam" anstelle des geläufigen "Melech ha-Olam". Denn manchmal im Alltag muss ich an ha-ruach denken, nämlich immer dann, wenn ich aus der U-Bahn die Treppen hinaufsteige und mir plötzlich, scheinbar aus dem Nichts, viele Sekunden lang ein richtig heftiger Wind um die Ohren fegt... Außerdem mag ich Rivkas Übersetzung von ruach als "das uns immer Begleitende".

Inzwischen aber ist es Zeit, zum praktischen Teil des Nachmittags überzugehen, denn beim Zuhören haben wir Hunger bekommen. Rivka bringt uns die passende Melodie für den "Nevarech"-Segen bei, und dann gibt es, wie immer bei unseren Veranstaltungen, etwas Leckeres zu essen. Be-Te'avon!
Text: Isabelle Wagner


Pflanztag auf unserem Oekofeld am 18.3.2012

Rita, unsere weise Frau für Wetter und Pflanzen, hatte mal wieder recht: der 18. März war der ideale Pflanztag. Der Frühling lag in der Luft, die Sonne schien und in unseren Bäumen erahnte man die ersten Knospenspitzen neuen Lebens. Am Global Day of Jewish Learning am 13. November 2011/ 16. Cheschwan 5772 hatten wir ja schon 18 Bäume (18 = chaj) gepflanzt und konnten uns im Winter bei unseren Veranstaltungen in Gatow davon überzeugen, dass es den Bäumchen gut ging. Alle 18 haben den Winter überstanden.
Nun sind wieder einige Obstbäume und Beerensträucher dazugekommen. Sie wurden 3 Jahre in einer ökologischen Baumschule im Umland von Berlin gehegt.


Wir Stadtkinder hantierten gekonnt mit den von Ulli bereit gestellten Spaten und man erkennt in den zügigen Bewegungen unschwer das Training vom letzten Sommer und Herbst. Unsere Ohelistas blühten in der frischen Landluft sichtlich auf  und Gaby erinnerte sich bestimmt an ihre Jugendtage im Kibbuz.



    
Ulli lenkte souverän seinen Traktor und Dvora outete sich als Fan von und Expertin in PS-starken Traktoren jeglicher Bauart und jeglichen Baujahres. Natürlich durfte sie eine Runde fahren.


Eine ganz besondere Freude war es für uns alle, Jalda beim Pflanzen ihres Geburtstagsbäumchens für Rabbi Marcia Prager zu helfen. Reb Marcia hatte sich eine Kirsche gewünscht und wenn alles klappt, gibt es schon in 2 Jahren bei Reb Marcia und Chazzan Jack Öko-Kashrut Bio-Marmelade made in Gatow zum Frühstück.


Auch Sabines Bienen beginnen wie seinerzeit Noahs Tauben zu testen ob die Luft rein ist. Der erste Honig zu Sukkot war köstlich, kein Wunder bei den besonderen Blumen aus Ritas Garten der Weltreligionen. Nun hat Sabine ihre Bienenvölker um 2 weitere auf unserem Öko-Feld vermehrt. Auch diese Gourmets heissen wir willkommen.


Und noch etwas hat sich in diesem Frühjahr auf unserem Feld getan: Ulli und seine fleissigen Helfer haben unter unseren Obstbäumen einen Weg angelegt, der kinderwagen- und rollstuhlgängig ist und zu meditativen Spaziergängen einlädt. Vielen Dank, lieber Ulli und liebe Rita, für so viel Fürsorge.

Bald wird hier ein Blütenmeer zum Innehalten einladen. Kann man sich ein schöneres Plätzchen vorstellen, um Rabbi Nachmans Anleitung zum Gebet in freier Natur umzusetzen?

Liqutei Moharan 2:11 – Rebbe Nachman on prayer outdoors, in nature
Know! When you pray in the field, then all the grasses and herbs enter your prayer, and help you and give you strength in your prayer. This is why prayer is called שיחה sicha, conversation/meditation, from the expression “plants (שיח siach) of the field” {Genesis 2} because all the plants of the field give strength and help to your prayer.

                   

This connects with “Isaac had gone out to meditate (לשוח lasuach) in the field” {Genesis 24}. His prayer was with the help and strength of the field, because all the grasses and herbs of the field gave strength and help to his prayer; that is why prayer is called Meditation שיחה sicha).
That is why a dread warning states “the earth will not give her growth (יבול   yevul)” {Deuteronomy11}. We need all that grows from the earth to give strength and help to prayer. When this is blemished or blocked, then “the earth will not give her growth.”

Even when you do not pray in the field, what grows from the earth helps your prayer, through what you eat and drink and so on, which is close to you. But when you pray in the field, closer to them, then all the grasses and herbs and everything growing from the earth give strength to your prayer. That is why  יבול  yevul (growth) is made up of the initials of בשדה לשוח יצחק ויצא   vayetzey yitzchak lasuach basadeh, “Isaac had gone out to meditate in the field,” because everything growing in the field was praying with him.
(Herzlichen Dank an Ben Baader für den Text-Hinweis).
Text:   Etha Jimenez
Fotos: Anna Adam, Gaby Nonhoff, Ulrike Bergold



 
Tu bi Schwat 2012

Öffnet man die Tür zu Ritas und Ulis Remise in Gatow, so hat man das Gefühl, als beträte man ein wunderschönes Bilderbuch für die Sinne. Das gedämpfte Licht, der Geruch von Kräutern und duftendem Holz auf dem Kaminofen, die Wärme und die Freundlichkeit, die einen hier umschließen, zaubern ein tiefes Gefühl von Geborgenheit im Innern hervor und ein Lächeln auf die Gesichter. Man könnte sich kaum einen geeigneteren Ort vorstellen, um sich des Guten und Lebensspendenden bewusst zu werden, das uns so großzügig zufließt, in jedem Augenblick, als Geschenk, einfach nur so.
 

Als wir uns um die von Rita festlich dekorierte Tafel versammelt haben, ertönen die Klänge von Frankas Akkordeon und Jalda stimmt für uns einen wiederentdeckten Niggun aus dem Repertoire ihrer Mutter an.

Mit Texten, die Jalda, Dvora, Anja und Marlis vorbereitet haben, nähern wir uns verschiedenen Aspekten von Tu biSchwat. Ein Vorstellung aus der Kabbala besagt, dass unser Genuss in dieser Welt auch eine Entsprechung in der verborgenen Welt hat.

Dvora erklärt, inwiefern das Essen der Feige mit dem Lernen der Tora verglichen werden kann: alle Teile der Feige sind für uns essbar, so wie alle Teile der Tora für uns geistige Nahrung sein können, auch diejenigen, die sich uns nicht sofort erschließen. Einige Worte aus dem P'ri Eitz Hadar, einer Haggada für Tu biSchwat aus dem 18. Jahrhundert, sind besonders berührend:

"Möge die ganze Schöpfung zu ihrer einstigen Stärke zurückkehren und mögen die Funken der göttlichen Energie, die unsere Hände oder die unserer Vorfahren zerstreut haben, zurückkehren und sich wieder mit der Macht und der Majestät des Baum des Lebens vereinen."

Gemeinsam sprechen wir den Segen über die Früchte Israels, die auf einem Teller appetitlich angerichtet sind: Weizen und Gerste, Weintrauben (der Jahreszeit entsprechend in Gestalt von Rosinen), Feigen, Oliven, Datteln beziehungsweise Honig, ein Granatapfel - und auch Mandeln haben sich eingeschlichen.

Nach dem wie immer köstlichen Büffet, dessen Krönung heute ein wunderbarer Obstsalat ist, wagen wir uns mit Kerzen hinaus in die Kälte, um der Birke einen Besuch abzustatten. Eine gute Gelegenheit, den Vollmond und den klaren Sternenhimmel zu bestaunen! Die Birke möchte derweil noch ein wenig Winterschlaf halten; bei diesen Temperaturen kann man ihren Saft noch nicht aufsteigen hören.

                 


In die Remise zurückgekehrt, pflanzt Lilli, die Jüngste in der Runde, schon einmal Kürbiskerne für zukünftige Suppen.


Zum Abschluss liest uns Rita noch das Märchen vom Schäfer ohne Schafe, der einen Holunder rettet und am Ende nicht nur einen erstklassig bezahlten Arbeitsplatz erhält, sondern obendrein eine formidable Braut.
Text: Isabelle Wagner       Fotos: Anna Adam



Global Day of Jewish Learning:
13. November 2011/ Cheschwan 16, 5772:

Wir pflanzen 18 Bäume (chaj) im Ohel Hachidusch Öko-Kaschrut Garten in Berlin-Gatow

Es war ein wunderbarerTag: sonnig und klar, einfach schön.

Wir trafen uns am frühen Nachmittag in unserem Garten, um die neuen Obstbäume aus alten Sorten einer ökologischen Baumschule zu begrüssen. Jeder suchte sich seinen persönlichen Baum aus. Einige von uns wollten ihr Bäumchen in Erinnerung an ihre Vorfahren pflanzen, andere erfreuten sich an den Bäumen als solches, die b´estrat HaSchem eines Tages wachsen und  sich ihres Lebens erfreuen würden.

 
Dieses Jahr war unsere erste  Säh-, Pflanz- und Erntezeit in unserem Öko-Kaschrut-Garten. Als wir im Frühling begannen, konnten wir nicht ahnen, wie viele Gemüse, Blumen und Kräuter die Erde uns schenken würde. Wir waren überwältigt von unseren üppigen Ernten.

Für uns Städter war es ein Wunder, eine besondereLektion zum zweiten Paragraphen des Schema. Wenn wir unserer Erde das geben, was sie braucht, gibt sie uns ein Vielfältiges davon zurück. Wir Menschen sind Partner der Natur, nicht ihre “Herrscher”.

Und nun im Herbst wollten wir dieser fruchtbaren Erde etwas zurückgeben: 18 Obstbäume.

Als wir zu graben begannen und einander dabei halfen, merkten wir, dass die ersten Schaufeln voll die schwierigsten waren: man muss sich durch die feste oberflächliche Grasschicht durchgraben. Wenn man erst einmal versteht/lernt wie das geht, kann man tiefer graben und nicht nur Pschat lernen sondern zu tieferen Schichten vorstossen.

   
 
    
Als die Erdlöcher tief und gross genug waren, um die Wurzeln der Bäumchen einzusetzen,  wurde Wasser - mayim hayyim - gebraucht, reichlich Wasser. Nachdem die Bäumchen gepflanzt waren, gab jeder von uns ihrem oder seinem Bäumchen den Segen, einen ganz persönlichen Segen voller Dankbarkeit dafür, dass  wir einen so glücklichen Augenblick erleben durften. Wir segneten diesen Moment mit einem shehechejanu.

   
   
  

Nach etwa 2 Stunden Arbeit betrachteten wir unsere neue Obstbaum-Allee. Mögen die Bäumchen wachsen und unsere Leben sowie die Leben derjenigen, die die Früchte ernten werden, reicher sein.

 
Einige von uns haben sich gleich entschlossen, nächstes Jahr weitere Bäume zu pflanzen.

Als die Sonne untergegangen war, trafen wir uns in der Remise des Gutshofes Gatow, zu dem das Feld mit seiner neuen Obstbaum-Allee gehört. Wir assen, tranken heissen Tee und besprachen, was dieser Tag für uns bedeutet:
 
Ol malchut schamajim heisst Verbindung zwischen Himmel und Erde, wie bei einem Baum. Wenn die Wurzeln kräftig genug sind, kann der Baum blühen und dem Wind, Frost und anderen Schwierigkeiten seines Lebens widerstehen.

Unsere ersten Früchte werden wir  erst nach 5 Jahren ernten, denn die Tora lehrt uns, die Früchte der ersten vier Jahre nicht anzutasten und die Ernte des fünften Jahres als korban  darzubringen.

Die Bäume stellen die Verbindung zwischen den Generationen vor uns und nach uns her.

Sie sind Teil der goldenen Kette unserer Tradition. Sie sind ein Symbol für unseren  Lebensbaum.

Und wir alle haben gelernt, dass auch das Torastudium eine tiefere Bedeutung erhält, wenn man die Erde urbar macht und sich durch die oberste Grasschicht in die tieferen Schichten des Lebens durchgräbt.

Mit einer köstlichen Suppe aus Kürbissen von unserem Feld, Gesang und Geschichten erzählen, ließen wir den Tag ausklingen. Ein besonders klarer Mond am Abend des  17. Cheschwan  erleuchtete uns den Weg nach Hause.



Text:     Kantorin Jalda Rebling
Photos: Anna Adam



Sukkot 2011

Es ist  ein lieb gewonnener Brauch geworden, dass Ohel Hachidusch Sukkot in unterschiedlichen Laubhütten begeht:

Am 12. und 14. Oktober 2011, dem  Erew Sukkot und dem Erew Schabbat Chol haMoed Sukkot 5772 waren wir Gäste von Chajim und dem Kulturverein Prenzlauer Berg (www.kvpb.de). Zum Glück hatte Chajim seine Sukkah wind- und wettergeschützt vor seiner Keramikwerkstatt aufgebaut, denn die Abende waren empfindlich kalt. Am ersten Abend kamen Jalda und Anna nur wenige Stunden vorher aus Detroit/USA zurück. Kantorin Jalda hatte dort wie schon die Jahre vorher bei unserer Schwestergemeinde Shir Tikvah während der Jamim Noraim amtiert. Jetlag und Schlafmangel waren chancenlos. Die beiden waren noch ganz erfüllt von all dem Neuen, dass sie erlebt hatten und konnten viel erzählen. Jalda führte uns durch die Gebete  und wir waren froh, sie und Anna wieder bei uns zu haben.

     
                                      
                                   Foto: Batya Goetz
                       

Am Erew Schabbat Chol haMoed gab es  2 schöne Überraschungen:
Iris Weiss  liess uns einen Blick in ihre Bibliolog-Werkstatt werfen: hier werden biblische Geschichten aus der Perspektive anderer “Augenzeugen” oder durch einem Zeitsprung phantasievoll weiter gesponnen, transzendiert oder aktualisiert, wo immer Intuition und Unbewusstes landen. An diesem Abend stand  Rachels und Jakobs Liebe auf den ersten Blick im Mittelpunkt. Es war faszinierend, eine der schönsten und facettenreichsten Liebesgeschichten der Tora aus anderen Blickwinkeln zu erleben.
Danach sang  und spielte Olaf Ruhl jiddische Lieder und wir summten leise mit. Zu allem genossen wir leckeres  hausgemachtes Essen von Channah und anderen kreativen Hobby-Köchinnen und ließen den Abend heiter-entspannt ausklingen. Herzlichen Dank allen, die zu diesem gelungenen Fest beigetragen haben.

Sonntag, den 16. Oktober, den 4. Tag  Sukkot , verbrachten wir in unserer eigenen Sukka mitten im Grünen auf dem Gutshof Gatow.  Der Tag stand ganz unter dem Zeichen der landwirtschaftlichen Bedeutung des Laubhüttenfestes. Wir hatten einige Gäste, mit denen wir auch unserem Öko-Feld, das uns in unserem ersten  Jahr so sehr verwöhnt hat, einen Besuch abstatteten. Mit einem Gebet bedankten wir uns dort für die reiche Ernte.




Dann schmückten die Kinder begeistert unsere Hütte, die nur aus natürlichen Materialien bestand, mit Blumen und den Früchten unseres Feldes. Unter Anjas Leitung sprachen wir die Gebete, schüttelten  den Lulaw und genossen  ein wenig vom ersten Honig der  Bienen, deren “Hütte” im Garten der Weltreligionen steht. Der Honig ist äußerst aromatisch und sehr köstlich, was bei der Öko-Blütenpracht des Gartens  nicht verwundert. Nach dem Tag im Freien waren alle nun wirklich hungrig. Dank Ritas Grosszügigkeit und Marlis und Jona,  unserem Expertenteam im schnellen Broteschmieren, stand bald lauter Sebstgemachtes vom Gutshof Gatow auf dem phantasievoll geschmückten Tisch in der Remise:  Selbstgebackenes Brot aus dem Lehmofen, vegetarischer Brotaufstrich mit Kräutern, frisch gelegte Eier der glücklichen Hühner des Hofes, Quark, Honig, frisch gebackener Kuchen. Ein wirklich krönender Abschluss eines Erntefestes. Herzlichen Dank allen Beteiligten.






Fotos: Anna Adam, Ruth Wiesenfeld



24. Tischri 5772 -Schabbat Bereschit-: Unser erster Bar Mizwa

Es war ein ganz besonderer Tag für Avery, seine Familie, Kantorin Jalda und uns alle:
unser erster Bar Mizwa.
Familie, Freunde der Familie,  Avery´s Freunde und Lehrer der John F. Kennedy Schule waren gekommen,  um im Betsaal des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses in Berlin-Pankow Avery´s ersten Aufruf zur Tora zu feiern.
Er war der erste Bar Mizwa  in diesem Raum seit der Schliesssung des Jüdischen Waisenhauses durch die Nazis und der Deportation der Kinder in die Vernichtungslager 1940.

Die Holzdecke des Betraums blieb erhalten und auch die Nische des ursprünglichen Toraschreins ist noch gut zu erkennen.

   

   
          
Welch ein mächtiges Zeichen für die Zukunft.

 
    
   
   
                                                                         
Mazel tow, lieber Avery, wir sind sehr stolz auf Dich. In Deiner grandiosen D´rascha spiegelt sich lebendiges, junges Judentum wider.  Dein Bar Mizwa Projekt und die Geschichte Deiner Familie fügen sich nahtlos in die Tradition dieses Hauses ein. Aber lassen wir an diesem Punkt Averys Mutter Donna und Avery selbst mit seinem Bar Mizwa Projekt zu Wort kommen:

A German American Jewish Celebration
Posted on October 28, 2011 in Donna´s blog  
Full Circle

A boy becomes an adult and reclaims his family’s place on the soil from which his ancestors fled two generations ago.  Berlin’s former Jewish orphanage, with its historic prayer hall, marks the first bar mitzvah since the Shoah.  Ohel Hachidusch, a congregation outside Berlin’s mainstream Jewish community, embraces its first son of the commandments.  A father weeps to see his first-born step with confidence into adulthood.  A mother aches with joy as she stands on the bima, the living link between the father she’s lost and her son who is his namesake.

These were the heavy layers of symbolic meaning that enveloped Avery’s bar mitzvah last weekend.  But the deep significance of the occasion didn’t keep us from having a fun and rowdy celebration.  Avery got hammered with German and American candy at the end, and sustained a pretty strong hit on the forehead from a rock hard treat thrown by his little brother.  I think Avery and one of his buddies also got hammered with a secretly made potion of wine and iced tea! 

Avery chose to have his coming of age on the anniversary of my father’s bar mitzvah.  He wore the tallit (prayer shawl) my father wore 69 years ago when he was first called to the Torah.  But as the service drew to a close Olivia dazzled us all by presenting her brother with a beautiful silk tallit she made by hand for him.  As Cantor Jalda said, “Avery should step into the future wearing his own tallit, not schlepping the burden of his grandfather on his shoulders!”

It was a day of profound peace and joy for me.  As my son chanted his Torah portion in a clear and resonant Hebrew that apparently carried no trace of an American accent, I saw the beauty of a ritual that ties all Jews together.  Sharing that ritual with our mostly non-Jewish friends from Berlin (as well as our family from Amsterdam and two dear friends from the U.S.) gave us a sense of belonging in our new community so far away from Montana.  We are indeed a “German American Jewish family” that is comfortable following our beliefs in both countries that we call home.
Text by Donna Swarthout

Photos courtesy of Bill Slaton. 


Avery´s Bar Mizwa Projekt:
Stolperstein for Meta
For my bar mitzvah, I chose a project to make the world a little better place. After a trip to Southern Germany where I learned a lot about my family history, I decided to help my family create a memorial for one of our relatives who was killed in the Holocaust. We chose to have a Stolperstein made for my great great aunt Meta Adler. Stolpersteins are brass stones set in the ground to remember individual Holocaust victims.
I´d like to tell you a little bit about Meta. She was born in the small village of Altwiedermus in 1894. She was neither pretty nor very smart, she never married, and she worked as a maid. Because she could not successfully answer questions during her immigration examination, she was denied permission to immigrate to America with the rest of her family. So, in 1938-1939 the Adlers immigrated to America, leaving Meta behind. She then lived in Frankfurt until she was deported in 1942. In her memory, the stone will be laid in her birthplace of Altwiedermus this summer.
Text: Avery Swarthout


 
    

Am Schluss feierten wir Avery mit einem Mazal Tow im  Bonbon-Regen.
Danach genossen wir Gaby Nonhoffs köstliches Buffet.
 

Alle "Ohelistas" haben an diesem Schabbat Bereschit dankbar an den Erew des 12. Kislew 5770 zurückgedacht. Da fand in genau diesem Betsaal die erste Toralesung seit der Shoa statt: nämlich das Torafest von Ohel Hachidusch. Die Shir Tikvah Gemeinde in Troy/Michigan hat uns ihre Beth Jacob Tora als Schenkung zur Verfügung gestellt.
Gemeinsam mit zahlreichen Mitgliedern dieser Gemeinde feierten wir in diesem Betsaal die Rückkehr der wahrscheinlich aus dem heutigen Tschechien stammenden Tora nach Europa. Dies war der Beginn einer neuen Ära für Ohel Hachidusch. 
Tora - Parascha Bereschit - im Anfang: 
Unser erster Bar Mitzwa kommt aus den USA wohin sein Großvater 1938 floh.
Er las dieselbe Parascha, die sein Großvater Avery z´´l´´ 1942 in New York las.
Unsere Tora kam aus den USA und kehrte nach Europa zurück. So wie Avery in Deutschland seine Familientradition wieder aufgriff.

All photos except those of Donnas blog courtesy of Barbara Swarthout.
Wenn Sie mehr über das Leben unserer amerikanisch-jüdisch-deutschen Familie in Berlin erfahren möchten, können Sie sich in Donnas blog Full Circle einclicken.


Ein wahres Sukkot-Märchen von Rita Reinicke:
V
om Zitronenbäumchen, das ein Etrogbaum sein wollte

In einem wunderschönen Garten, einem besonderen Garten, steht ein kleines Zitronenbäumchen; eigentlich ist es mehr ein kleiner Strauch.
vielleicht deshalb oder weil es eigentlich woanders stehen wollte, geschah etwas Merkwürdiges: Nicht die so stark duftenden Blüten, nein, die daraus entstehenden Früchte sollten das Wunder werden. Im Herbst, es war schon Mitte Oktober, entdeckte die Gärtnerin an diesem kleinen Strauch eine grasgrüne Frucht. Fast faustgross, etwas unförmig, einer Zitrone nicht sehr ähnlich, auch die Schale nicht glatt sondern eher gewellt. Dazu kommt eine andere Merkwürdigkeit: eine winzig kleine Ausbuchtung gegenüber des Stielansatzes. Die Gärtnerin hatte nur einen Gedanken: ein Etrog - und das auch noch an Sukkot. Sogar einen winzigen Pitum hat der kleine Zitronenbaum an seinen Etrog gezaubert.

Es wird wohl mit seiner letzten Kraft gewesen sein, doch wer ihn sehen WILL, sieht ihn. Endlich hatte die Gärtnerin verstanden. Natürlich steht er nächstes Jahr ( nach seiner Winterruhe im frostfreien Keller) da, wo er hinwollte: im jüdischen Teil des Gartens der Weltreligionen.

                                                  

Pflanzenfreundschaften
Der Tu Bischwat-Kürbis und das Bitterkraut:
Ein wahres Märchen von Rita Reinicke

Es war noch tiefster Winter, Anfang Februar als unsere Kinder 4 Kürbissamen zu Tu Bischwat in einen Topf pflanzten.

Die Samen reiften, 4 junge Pflanzen strebten zum Licht, wollten endlich in die Erde, raus in die Natur. Doch der Frost wütete stark dieses Frühjahr. So wurde es April, es blieb zu kalt. Anfang Mai sollte der grosse Tag sein. Von den 4 Jungpflanzen war nur noch eine einzige übrig geblieben, die anderen hatten die lange Zeit hinter dem Fensterglas nicht überstanden.

So wurde der junge Kürbis an einem sonnigen Frühlingsmorgen in die Erde gesetzt. Doch schon in derselbn Nacht kam der Winter zurück. Es drohte der Frost, der Kürbis fror sehr, seine Angst war gross. So rief er die Mächte der Mutter Erde zu Hilfe.
Der Morgen graute und der junge Kürbis lebte, nur 2 Blätter hatte er dem Frost geopfert.
Schon am nächsten Tag wuchs direkt neben dem glücklichen Kürbis ein Kraut heran. Es trägt den Namen MUTTER ALLER PFLANZEN. Die Artemisia nimmt Schmerzen und Angst, stärkt die Fruchtbarkeit und wärmt. Ihr alter Name Machtwurz bringt einen Hinweis auf ihre Stärke, denn sie ist eine sehr alte Zauberpflanze.
Dieses Kraut, welches so unscheinbar an vielen Wegen steht, schmeckt äusserst bitter, doch für Magen und Darm ist es eine Wohltat. Sein Name Beifuss zeigt uns wie hilfreich es für müde Wanderer ist.
Die wärmende Kraft des mächtigen Beifuss war es, die den jungen Kürbis rettete. Zum Dank dafür schmiegte sich der grösser werdende Kürbis an die Beifusspflanze und schenkte ihr seine wunderschönen sonnengelben Blüten. Aus einer besonders schönen Blüte reifte ein orangegelber Kürbis heran, der nun inmitten der stattlichen Beifusspflanze thronte. Zu Sukkot wurde er von Ben geerntet und leuchtete golden in unserer Sukkah.
   
   
Text: Rita Reinicke
Fotos: Anna Adam, Ruth Wiesenfeld


Schabbes Mincha Lernen mit Rabbi Dr. Goldie Milgram

Am Samstag, den 27. August 2011 fand bei Ohel Hachidusch wieder ein ganz besonderes Highlight statt: wir konnten Rabbi Dr. Goldie Milgram aus den USA und ihren Mann Dr. Barry Bub als Gäste zu unserem SCHABBES MINCHA LERNEN begrüssen.
Rabbi Milgram wurde vom Reconstructionist Rabbinical College
ordiniert, erhielt eine Smicha von Rabbi Zalman Schachter-Shalomi, dem Gründer von Jewish Renewal und promovierte am New York Theological Seminary. Sie gründete und leitet Reclaiming Judaism Press und www.ReclaimingJudaism.org , eine Organisation, die u.a. neue Strategien entwickelt, um jüdische Rituale und Mitzwot lebendig zu halten. Rabbi Milgram schrieb mehrere Bücher zu diesem Thema. Es wurde ein spannendes und intensives Lernen für uns. Jonas begeisterter Bericht zeigt es:

Von seelischer und leiblicher Nahrung auf dem Gutshof. Rabbinerin Goldie Milgram zu Gast bei Ohel ha-Chiddusch
Gatow bei Berlin im Elul 5771 (2011). Ein metallisch grauer Himmel lastet schwer über dem Ort, den Feldern, dem Gut. Der Wind treibt schwere Regentropfen gegen die kleinen Fensterscheiben der Remise. Das Wetter weckt den Wunsch, im Haus zu bleiben – eine gute Zeit, sich zurückzuziehen und auf das Innere zu konzentrieren. Das haben wir gern getan, dank der Gastfreundschaft von Rita und Ulrich Reinicke, die den Gutshof an der Mühle in Gatow betreiben, und angeleitet von Rabbinerin Goldie Milgram, die mit ihrem Mann, Dr. Barry Bub, auf Einladung von Ohel ha-Chiddusch nach Berlin gekommen war.
R. Goldie Milgram ist bekannt dafür, durch die Welt zu reisen mit der Botschaft im Gepäck, daß die jüdische Tradition nicht nur eine riesige Bibliothek ist, die zur intellektuellen Auseinandersetzung einlädt. Sie hält vor allem ein wohl durchdachtes Set an Übungen und Handlungsanleitungen für eine praktische Spiritualität und ein zwischen Leib, Seele und Geist ausbalanciertes Leben bereit. Dr. Barry Bub ist Gestalttherapeut und gibt Workshops und Seminare darüber, wie man traumatisierten Menschen ganzheitlich helfen kann. Ganzheitlich bedeutet hier, daß eine solide therapeutische Arbeit der Ergänzung durch eine lebendige, traditionell fundierte Spiritualität bedarf und daß umgekehrt spirituelle Übungen allein nicht ausreichen würden, sondern professionell therapeutisch angeleitet werden sollten. Beides muß zusammenkommen, um nachhaltige Heilung zu ermöglichen.
Um Heilung geht es insbesondere auch in der Zeit der Umkehr zwischen Rosch ha-Schanah und Yom Kippur wie auch im Elul, dem Monat vor dem Neujahr, in dem wir uns traditionell bereits auf diese Zeit vorbereiten. Die Tradition hilft uns, zunächst auszuloten, wo wir verletzt wurden und wo wir selbst zur Ursache belastender Erfahrung für andere geworden sind. In diesem Spannungsfeld zwischen Vergebung suchen und Vergebung zulassen eröffnet sich der Raum für einen Neuanfang. Das kostet einerseits unsere Überwindung, auf den anderen zuzugehen, wenn wir uns selbst als Quelle der Verletzung erkannt haben. Andererseits braucht es Offenheit, das Angebot eines Gegenübers anzunehmen, Streit beilzulegen und die eigene Verletztheit hinter sich zu lassen.

Wie in anderen Lebenssituationen auch kann hier Gott selbst als Vorbild genommen werden; er hat es vorgemacht, so steht es schon in der Bibel. Ein beeindruckendes Beispiel ist sein Sinneswandel nach der großen Flut. Er übt Teschuwah, das heißt Umkehr auch im Sinne, eine neue Perspektive bzw. Haltung zu entwickeln; in dem Fall, nie wieder eine solche Welle der Zerstörung über die Erde kommen zu lassen (Genesis 8:21.22;9:12-16). Auch läßt er sich später nach dem Ausrutscher mit dem Goldenen Kalb von Moses dazu überreden, nicht das Volk preiszugeben, um sich aus den Nachkommen von Moses selbst ein neues zu schaffen. Er versucht es weiter mit demselben Israel (Exodus 32:7-14). So ist auch in bezug auf die Vergebung, der eine Umkehr vorausgehen muß, die Vorstellung der imitatio dei, der Nachahmung Gottes anwendbar, weil wir im Judentum – anders als in den beiden anderen monotheistischen Schwesterreligionen – die Freiheit haben, Gott als ein Wesen zu denken, das sich selbst entwickelt und verändert. 

Allerdings erweisen sich die Lehrer der jüdischen Tradition auch als tiefsinnige Psychologen, so sie sich sehr wohl bewußt sind, daß Versöhnungsbereitschaft und Offenheit auch ihre Grenzen haben – und zwar an der Gesundheit der eigenen Person. Sich vor notorisch fortgesetzter Verletzung durch einen anderen zu schützen, ist erlaubt, ja sogar geboten. Da ist die jüdische Tradition und Spiritualität ganz realistisch und gibt eher Anleitung, wie dieser Abstand gestaltet werden kann: für die Unversehrtheit des Betroffenen ist dann besonders wichtig, nicht selber in Gefühle von Abneigung oder gar Haß zu versinken und die Situation bewußt in die Hände des einen Gottes zu legen, der das Prinzip der Begegnung und Zuwendung überhaupt ist.

Diesen thematischen Spannungsbogen eröffnete R. Goldie Milgram vor uns im rustikal gemütlichen Raum der Remise nicht in einem Vortrag, in dem sie uns ins Gespräch mit prominenten Stimmen aus der Tradition brachte – vom Talmud bis zum großen Rabbi Moses ben Maimon und zeitgenössischen Vertretern. In Übungen und Partnerarbeit regte sie uns auch dazu an, uns hineinzufühlen in die Situation, jemandem gegenüberzutreten und Teschuwah, die Umkehr und Hinwendung, den Perspektivenwechsel zu praktizieren. So erschloß sie uns die Tage der Umkehr, deren Bezeichnung als „ehrfurchtgebietende Tage“ allzu einseitig ist, als eine Quelle der Heilung von Verletzungen – ganz im Sinne von Jewish Renewal, der Bewegung zur jüdischen Erneuerung. Da die meisten Verletzungen in zwischenmenschlichen Beziehungen entstehen, sind auch diese Beziehungen der Ort, an dem sich Dissonanzen und Verknotungen wieder lösen müssen. Ein Stoßgebet zu Gott in der Synagoge reicht da nicht aus. Die Bitte um Vergebung vor Gott entfaltet ihre Wirkung am direktesten in der Begegnung mit dem menschlichen Gegenüber.  

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, heißt es in der Bibel (Deuteron. 8:3), aber eben auch. Und da Ganzheitlichkeit Geist, Seele und Körper einschließt, saßen wir schließlich auch in der warm beleuchteten Bauernstube beieinander und genossen das Brot, den Wein und all die Leckereien, die viele von uns zusammengetragen hatten. Am reich gedeckten Tisch setzten wir unseren Erfahrungsaustausch fort, bis es Zeit war, sich wieder in den Regen hinauszuwagen und gestärkt in den Lebensalltag mit seinen Herausforderungen zurückzukehren.
Jona Kirchner

   
Photos courtesy of Dr. Barry Bub



Öko-Kaschrut II: Unser Bio-Feld im Sommer 2011
  

Kaum zu glauben, was aus unseren Saatkörnern und Setzlingen vom Frühjahr geworden ist: 

    

  

   

   

      
Dank Ritas grünem Daumen, unserer eigenen Begeisterung und -last not least- Hilfe von oben hatten wir eine üppige Ernte. Genug für unsere Kidduschim, unseren privaten Gebrauch und zum Teilen. Unser Bio-Gemüse, für dessen Pflege und Wachstum wir verantwortlich waren, gehört in eine energiereiche spirituelle Sphäre. Ähnlich wie Hagafen und Challah.

An einem sonnigen Sommer-Wochenende gab es eine weitere Premiere auf dem Gutshof Gatow: wir buken Flammkuchen im Lehmbackofen und belegten ihn mit Schmand und unserem frisch geerntetem Gemüse.

 

Fotos: Anna Adam



Lag baOmer am 22.05.2011 und Öko-Kaschrut


Lag baOmer genossen wir wieder die Gastfreundschaft von Rita und Ulli Reinicke, den Gründern des Gatow Botanicums mit dem Garten der Weltreligionen. Und an diesem sonnigen Frühlingstag stimmte wieder alles: wir staunten über die Fülle der biblischen Pflanzen, die in wenigen Monaten gewachsen waren und entzündeten ein Feuer zu Ehren von Rabbi Schimon bar Yochai. Für unsere Kinder war das Holzfeuerchen natürlich ein Höhepunkt des Festes, besonders als wir Vollkornbrot am Spiess darin buken. Das Brot schmeckte allen natürlich köstlich. Abends beim Omerzählen wurde uns noch einmal so richtig die Vielfalt der Natur bewusst (Hod she b´Hod).
  
Aber das war noch nicht alles. Ohel Hachidusch konnte sich an diesem Tag einen Traum erfüllen: unter Ritas Anleitung dürfen wir ein Bio-Feld nach Öko-Kaschrut Richtlinien bepflanzen. Wir begannen mit Salat, Kartoffeln, Zucchini und Mangold. Unsere Kinder haben ihr eigenes Beet, um erste Erfahrungen im Pflanzen, Pflegen und Ernten zu sammeln.
 
     
Ohel Hachidusch hat schon immer Wert darauf gelegt, zum Kiddusch vegetarische Vollwertkost anzubieten. Nun kümmern wir uns aber auch um unser Gemüse vom Pflanzen bis zum Verzehr selbst. Keine Chemikalien, keine Pestizide, keine gen-modifizierten Pflanzen. Rita erzählte uns, dass es äusserst schwierig war, einige Körner einer genetisch unveränderten Maissorte aufzutreiben. Wir sind optimistisch, dass wir genügend Gemüse für unsere Kidduschim und auch den privaten Gebrauch unserer Mitglieder ernten können. So kultivieren wir nicht nur Pflanzen sondern auch Respekt vor der Natur und unseren Nahrungsmitteln. Es ist eine Möglichkeit in unserer unmittelbaren Umgebung einen sinnvollen Beitrag zu Tikkun Olam zu leisten. Wahrscheinlich ist das ein Teil der spirituellen Ökologie, die Rabbi Zalman Schachter-Schalomi meinte als er den Begriff "eco-kosher" schuf.

Fotos: Anna Adam und Rita Reinicke



2. Sederabend 2011/ Erew 16. Nissan 5771

Am 2. Sederabend 2011 hat sich Ohel Hachidusch selbst übertroffen: 40 Gäste waren eigentlich unser Limit, es wurden durch kurzfristig angekündigte Gäste von ausserhalb fast 70, darunter über 20 Kinder. Daher ein ganz grosses Danke-schön an alle Mitglieder unseres bewährten Organisations-Einkauf-Koch-Deko-Teams unter der erfahrenen Leitung von Anna Adam und Gaby Nonhoff.


 
  

Es war ein berührendes Fest ohne Hektik. Kantorin Jalda Rebling führte uns sicher durch die Haggada, es wurde viel gesungen, gelernt und gut gegessen.

 
 
 

Und jeder hatte genügend Musse über seine persönlichen Engen und Wege in die Freiheit nachzudenken. Unsere cleveren Kinder fanden den Afikomen schnell, so dass wir den Abend zügig abschliessen konnten.
Die Fotos spiegeln die familiär-festliche Atmosphäre und die positive Energie im Raum. Wer sich auf Pessach einlassen wollte, konnte die Schönheit und Bedeutung des Festes an diesem Sederabend fühlen und "schmecken".

 

Wir danken allen Gästen, die hierfür offen waren und den vielen, die so engagiert bei der Gestaltung des Seders und auch beim Aufräumen geholfen haben.

Fotos: Anna Adam, Brian Swarthout
 


Lernfest für Lilith 2011 und eine ganz besondere Menora:


Am 5. Februar 2011/ Rosch Chodesch Adar 5771 gestalteten wir ein Lernfest für Lilith, die uns allen so sehr fehlt. Da Lilith feierliche Reden nicht mochte, tauschten wir Erinnerungen an sie aus, sangen ihre Lieblings- Chants und erlebten sie auf Fotos und in den dazu gehörenden Geschichten. Zu allem genossen wir einen Wiener - Spezialitäten - Kiddusch, zu dem Liliths Cousine köstliche Wiener Patisserie und auch sonst viel wienerisches beitrug.

                                 
Lilith hatte eine tiefe emotionale Beziehung zu liturgischer Musik, in der ihr Lebensgefühl, ihre unbändige Lebenskraft aber auch ihre Trauer Ausdruck fand .Sie war ausserordentlich offen für andere Weltanschauungen und deren Werte. Daher sind wir sehr dankbar, dass enge Freundinnen Liliths aus dem Mantrachor ihre Lieder, Fotos Erlebnisse mit uns teilten. Alle Erinnerungen zeigten Liliths Offenheit, Lebensfreude, Toleranz, Humor, Kraft, charmantes Durchsetzungsvermögen und vor allem ihr grosses Herz, -eben Lillith. So bleibt sie bei Ohel Hachidusch präsent.

 
                          
Was Lillith besonders gefallen würde: an diesem Abend wurde eine schöne, alte Menora aus Österreich -Ungarn in unsere Hände gegeben. Sie wurde uns von Frau Monika Wissel, die auch Lilith kannte, überreicht.  
Hier erzählt sie uns ihre Geschichte:

Die Geschichte der Menora
Die Menora gehörte Ingrid Ehlert geb. Fenichel (Jg 1926), ihr Vater hatte sie
aus Ungarn mitgebracht.
Ingrid Ehlerts Eltern hatten in Neukölln ein Geschäft für Theaterkostüme und
Asseccoires. Weil ihr Vater Jude war, musste die Mutter das Geschäft allein
weiterführen. Der Vater wurde bei der Post dienstverpflichtet.
Obwohl Ingrid Ehlert christlich getauft war, musste sie das Gymnasium
verlassen und in einer Gasanstalt Kohlen schippen.
Aus den wenigen Erzählungen von ihr über die Zeit seit 1933 ist bekannt,
dass Teile ihrer Familie und Nachbarn deportiert wurden z.B. nach Riga.
Einigen Familienmitgliedern gelang es, in die USA zu emigrieren.
Ihre 4 Jahre jüngere Schwester heiratete einen Juden, wanderte 1954 in
die USA aus und lebt in einem jüdischen Umfeld, jetzt in San Francisco.
Ingrid hat 1949 Günter Ehlert standesamtlich geheiratet. Das Ehepaar
lebte bis zum September 2008 in ihrem Haus in Tempelhof und ist dann
in die Seniorenwohnanlage Rosenhof in Mariendorf umgezogen.
Ingrid Ehlert ist dort zwei Monate später verstorben.
Günter Ehlert, inzwischen 93 Jahre alt, hat im Sinne seiner Frau die
Menora an eine aktive jüdische Gemeinde übergeben lassen.

Vielen Dank, lieber Herr Ehlert und liebe Frau Wissel, die Menora leuchtet nun auf all unseren Festen.
                     





Tu biSchwat 2011/ 5771

Am 20. Januar 2011, dem 15. Schwat, feierten wir Tu biSchwat, das Neujahrsfest der Bäume. Wir waren zu Gast in der Remise des Botanicums Gatow mit seinem Garten der Weltreligionen. Vielen Dank für Eure Gastfreundschaft, liebe Rita und lieber Ulrich! Unsere Kinder säten Kürbiskerne,  pflanzten Märzenbecher und bentschten die Pflanzen  unter Jaldas Leitung.

   
Wir alle hoffen, dass die Märzenbecher bald auch hier den Frühling einläuten werden und der Kürbis vielleicht schon zu Schawuot  in prächtigem Orange unsere Kiddusch-Tafel schmückt.
Danach genossen wir einen Seder mit zahlreichen (biblischen) Früchten und leckeren vegetarischen Gerichten. Allen, die dazu beigetragen haben, danken wir herzlich. Wie immer haben wir viel gesungen, Geschichten passend zu Tu biSchwat erzählt und vorgelesen. Jalda war erst am Morgen aus den  USA zurückgekommen und bestellte viele liebe Grüsse aus  unserer Partnergemeinde Shir Tikvah in Troy, Michigan und  berichtete von der Ohalah Rabbiner- und Kantorenkonferenz in Boulder, Colorado. Von Jetlag war nichts zu spüren, stattdessen Begeisterung über die neuen Eindrücke und Freude über unser Fest.
       
Alles wurde abgerundet mit Chajims gehaltvoller Feuerzangenbowle, die auf dem skandinavischen Holzofen der Remise der richtigen Reife entgegenbruzzelte und mit einem leckeren Kinderpunsch aus Biosäften.

   
   
Gegen Ende des Festes führte Rita dann noch die Kinder und einige von uns durch die Dunkelheit zu einer Birke, “um zu hören wie der Baum wächst.” Es war wieder ein besonderes Fest, in Augenhöhe mit und Respekt vor der Natur.



Lernfest für Rabbiner Leo Trepp sel.A.

Am Sonntag, den 5. Dezember 2010, dem 4. Tag Chanukkah nahmen wir Abschied von Rabbiner  Leo Trepp sel. A. Er war und bleibt für viele von uns ein einfühlsamer und bedeutender Lehrer. Mit ein paar prägnanten Worten, einem Blick oder einer Geste brachte er ein Thema genau auf den Punkt.
Jalda, Anna, Channah, Chajim und viele andere teilten ihre Erinnerungen an den grossen Rabbiner mit uns. Ihre Erzählungen wurden von zustimmendem Kopfnicken und Lächeln begleitet, denn viele kannten ähnliche Situationen, in denen Rabbi Leo Trepp seine Botschaft mit Humor, Herzenswärme, Einfühlungsvermögen oder gerechter Empörung rübergebracht hatte.
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Channah fasst ihre Begegnungen so zusammen:

Wer war Leo?
Wie schreibt man etwas zu einem Menschen, über den schon so viel geschrieben und gesagt wurde, der Ehrentitel sammelte, viel Reden und Schriften ihm zur Ehre und seinem Wirken schon zu Lebzeiten entgegennahm?
Mein Versuch einer Erinnerung an Leo Trepp kann nur sehr persönlich ausfallen, weil ich das große Glück hatte, ihn privat kennenlernen zu dürfen
.
Seine Freundschaft gewann ich über mein Auto, das eine Sitzheizung hatte. Statt schnurstracks  zur Synagoge zu fahren, bat er mich  Unter den Linden lang zu fahren, was er sichtlich genoß- und wir erhielten eine Unterrichtstunde in jüdischer Geschichte.
In der Synagoge angekommen, verwandelte er in Sekunden Gottesdienstbesucher  zu einer konzentriert zuhörenden Betergemeinschaft. Jeder wird seine gewaltige, tiefe ruhige Stimme erinnern. Seine Drashot sind  noch in uns lebendig. Unvergessen und längst in den Ritus und das Verständnis eingegangen seine wunderbar klaren Belehrungen, Erklärungen.
Leo Trepp war eine sehr starke  Persönlichkeit, dessen Worte und Gedanken, Anstöße und Korrekturen bis ins Hier und Jetzt wirken. Leo war ein Lehreraus Berufung und von Beruf. Sein klischeeloses, modernes Denken hat viele Menschen nicht nur begeistert, sondern war  Impuls zum Umdenken und Hilfe und Anstoß neue Wege zu  gehen. Seine Offenheit und seine Freundlichkeit sollten uns  Vorbild bleiben. Er hat uns immer wieder  demonstriert wie man zwischen unterschiedlichen Meinungen, Praktiken und Schulen  Brücken schlagen kann.Und trotz allem Vergnügen an der Offenheit, blieb Leo Trepp seinen Grundsätzen  immer treu.  
Leo Trepp  war  so vielen  Menschen Orientierungshilfe  und konnte jedem, buchstäblich jedem ein tröstendes, hoffnungsvolles in erster Linie respektvolles Wort schenken.Leo Trepp  erkannte die Fähigkeiten eines jeden und ermutigte jeden von uns unbeirrt seinen Weg zu gehen.
Zu seinen Gaben gehörte sein wunderbar leiser Humor. Ich habe niemals einen Witz auf Kosten anderer von ihm gehört.  So erklärt diese kleine Begegnung mit ihm mehr  wer  Leo Trepp war und wie er wirkt als alle Worte: Bei einem der letzten Begegnungen mit Leo Trepp saßen wir in einem Garten und ich sagte:
 „Leo, erinnerst Du Dich: als ich Euch mal zum Flughafen fuhr, hast Du uns mitten in dem Gedränge und Getöse des Check-ins gesegnet.“
 „ Und hat es was genützt?“ 
Channah Arendt
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Marlis und Claudia hatten sich in das Buch "Dein Gott ist mein Gott" von L. Trepp und G. Wöbken-Ekert eingelesen und referierten über die Geschichte der Übertritte ins Judentum. Marlis hat die wichtigsten Punkte zu diesem Thema für uns zusammengefasst:

Der erste Teil des Buches gibt uns einen Einblick in unsere Geschichte.
Wir erfahren vom Weg unseres Vaters Abraham zum Ewigen und wie seine Persönlichkeit die Ethik des Judentums prägte. Abraham war Jude freier Wahl.
Wir hören vom Wachstum des Volkes und der Missionstätigkeit in der Zeit der nachbiblischen Antike.
Wir lernen, daß in der Zeit des Überganges von der Antike zum Mittelalter es zu einem großen Umbruch im Verhalten der Menschen zum Judentum kam.
Durch die Christianisierung kam es zu Erniedrigung, Verleumdung und brutaler Verfolgung des jüdischen Volkes. Trotz allem gab es auch zu dieser Zeit Übertritte.
Im Mittelalter beendeten die jüdischen Gemeinden auf Grund dieser Ereignisse ihre Missionstätigkeit.
Leo Trepp lehrt, daß die Haltung der mittelalterlichen jüdischen Gemeinden gegenüber den neuen Juden von Bedeutung ist, da sie weiterhin nachwirkt und heute noch das Judentum beeinflusst.
Wir hören von der Zeit der Aufklärung bis hin zur dunkelsten Zeit unserer Geschichte. Das Leben in dieser Zeit war sehr unsicher und gefährlich geworden und gipfelte in der Shoa.
Auch in dieser Epoche gab es immer wieder Übertritte.
Wir lernen an Hand unserer Geschichte, das niemals seitens der Juden den anderen Religionen und deren Rechtsmäßigkeit vor Gott aberkannt wurde.
Unsere Geschichte zeigt uns, dass sich in allen Epochen Nichtjuden aus eigenem freien Willen den Juden und ihrem Glauben trotz Erniedrigung und Lebensgefahr angeschlossen haben.

Der 2.Teil des Buches beschäftigt sich mit den Übertrittsmöglichkeiten zum Judentum  in der Gegenwart. Wir erfahren von den unterschiedlichen Haltungen gegenüber den Proselyten in den verschiedenen Strömungen des Judentums. Wir hören, dass Übertritte in Amerika viel einfacher sind als in Deutschland. Diese Schilderungen erfolgen alle völlig wertneutral.
Leo Trepp gibt aus rabbinischer Sicht den zukünftigen Juden freier Wahl, viele wichtige Hinweise für die Zeit der Vorbereitung und des Übertritts.

Im 3.Teil geben  Juden aus freier Wahl im Interview einen Einblick über ihren Weg zum Judentum  in Deutschland und den USA.

Leo Trepp lehrt uns,  jedem Juden freier Wahl und dem Ger Toschaw  völlige Liebe und Hochachtung entgegen zu bringen. Denn wie Abraham Ur seiner Sinnsuche wegen verlassen hat, verlassen diese Menschen auch ihre innere angeborene Heimat und kommen nach langer Zeit des Suchens zum Bund des Ewigen. Sie haben keinerlei Privilegien, nur das Privileg der Verantwortung.
Marlis Ventur
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Danach sprach Kantorin Jalda zu Konversionen in der heutigen Zeit und es entstanden lebhafte Diskussionen.
Gegen 18 h folgte dann ein Maariwgebet und anschliessend entzündeten wir mit den Kindern das 5. Chanukkah-Licht.
Zu allem gehörte natürlich gutes Essen.
Dieses Lernfest hätte Rabbiner Trepp bestimmt gefallen.



Sukkot 2010/ 5771


Ohel Hachidusch baute dieses Jahr gleich 2 Laubhütten; eine schöner als die andere und beide in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. So kamen neben Gesprächen und Gedankenaustausch auch Pläne für längerfristige Zusammenarbeit zustande. 

Am 22. September/ 14. Tischri feierten wir Erew Sukkot in unserer Sukkah im Interkulturellen Haus Pankow. Dort hatten wir mit unseren Kindern im ehemaligen Schulhof des Gebäudekomplexes unter der Anleitung von Chajim unsere Sukkah ausgeschmückt, -alles Natur und zusammen mit Claudia von den Kindern Selbstgebasteltes. Einige Kinder hängten auch ein geliebtes Spielzeug in der Hütte auf.



Es herrschte eine wunderbare Atmosphäre: Der Himmel war klar und wir konnten Mond und Sterne durch das schüttere Laubdach sehen. Kantorin Jalda führte uns durch die Liturgie und wir versuchten, bei zunehmender Abendkälte einen Hauch Wüste zu spüren. Dankbar genossen wir dann beim Kiddusch die mitgebrachten kulinarischen Köstlichkeiten. Die Hütte wurde auch an den anderen Festtagen zum Beten und Lernen genutzt: Wir feierten Kabbalat Schabbat, Mitarbeiter der Freien Schule Pfefferberg lasen nachmittags (täglich ausser Wochende) jüdische Märchen vor, Chajim hielt einen Vortrag (" 300 Jahre Meissner Manufaktur: Gibt es jüdisches Porzellan?" ), Jona las aus ihrem neuen Buch ("Die Summe der Eins ist Dreizehn. Eine Einführung in die Symbolik der hebräischen Bibel.")  und Karsten Troyke gab in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Prenzlauer Berg ein Konzert mit jiddischen Liedern.
Wir danken allen Helfern und Gruppen, die zum Gelingen dieser Festtage beitrugen. Ein ganz besonderes Danke-schön geht an Chajim, den Initiator dieses gemeinsamen Projekts.

Am 26. September/18.Tischri feierte Ohel Hachidusch das Laubhüttenfest im Garten der Weltreligionen im neu eröffneten Gatower Botanicum. Unter Annas Anleitung bauten Kinder aus der Nachbarschaft eine Laubhütte, die den Namen wirklich verdiente und von der Jüdischen Allgemeinen Zeitung als "Super-Sukkah Deutschlands" den 1. Preis gewann. Herzlichen Glückwunsch an Anna und ihre begeisterten, talentierten kleinen Baumeister.

 
   

Bevor der Regen wie aus Eimern schüttete, nutzten wir die Zeit für einen Kiddusch mit allen
Sukkah-Erbauern.

Foto: R. Reinicke

Das weitere Fest genossen wir nun in der liebevoll renovierten Remise des Gutshofes Gatow bei wärmendem Holzofenfeuer. Kantorin Jalda sang jiddische Lieder und wurde dabei einfühlsam von Franka Lampe am Akkordeon begleitet . Wer Jalda als Kantorin oder auf einem ihrer Konzerte erlebt hat, weiss, dass sie durch ihre Musik Herzen öffnet. Alle waren persönlich berührt, viele summten mit und auch Gäste, die ihr erstes Laubhüttenfest erlebten, fühlten sich einbezogen.


                                                                 Foto: R.Reinicke  

Und Gaby Nonhoff hatte mal wieder eins ihrer leckeren Buffets mit koscheren Speisen aufgebaut und gerne das eine oder andere Geheimnis ihrer Rezepte verraten.

Wir wünschen dem Botanicum Gatow und seinen Gärten der Weltreligionen Regen, Tau, Sonne und viele Besucher, die ein wenig innehalten und Kraft schöpfen wollen. Liebe Rita und lieber Ulrich, es war ein besonderes Erlebnis, mit Euch die Gärten einzuweihen und in diesen gemeinsam Sukkot zu feiern.

   




Ohel Hachidusch hat ein neues Zuhause

Seit Juni 2010 beten wir, lernen Tora und feiern in unserem grossen neuen Raum im Gemeindehaus der Vater Unser Gemeinde. Wir haben unser Zelt, unser Ohel Hachidusch aufgeschlagen und nun auch unsere Mesusoth an den Türpfosten angeschlagen. Pfarrerin Annemarie Werner und  ihrem Gemeindevorstand danken wir für ihre Gastfreundschaft.

Jona Kirchner hat in folgendem Artikel im Vater Unser Gemeindebrief 7/8 aus 2010 schon ein wenig über uns berichtet:

Ohel Hachidusch stellt sich vor

Wer wir sind und was unser Anliegen ist, ist gewissermaßen schon am Namen unserer Gemeinschaft ablesbar: Ohel Hachidusch heißt auf Deutsch „Zelt der Erneuerung“. Ohel – das Zelt ist eine nicht befestigte Behausung, die stets wieder ab- und an anderem Orte wieder aufgebaut werden kann. Es symbolisiert die Bereitschaft, sich immer wieder aufzumachen und auf neue Erfahrungen einzulassen. Chidusch – das Wort für Erneuerung trägt seine Erklärung bereits in sich. Wir sind ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der mit einer in den USA begründeten Bewegung zur Erneuerung jüdischen Lebens verbunden ist (Begründer Rav Zalmen Schachter-Shalomi). Sie heißt nach dem englischen Begriff für Erneuerung Renewal, und ist in einem Dachverband organisiert, der sich ALEPH nennt. Das ist sowohl eine Abkürzung wie auch ein Symbol; denn ALEPH bedeutet Alliance for Jewish Renewal und ist zugleich der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets. Dieser steht für die Eins und die Einheit Gottes, von dem alle natürlichen Zusammenhänge wie alle menschliche Gemeinschaft ausgehen.

Renewal ist ein wenig vergleichbar mit der Bewegung von Taizé, die einst begründet wurde, um vor allen junge Christen in ihrem Willen zu stärken, ihren Kirchen zu neuer Lebendigkeit und Anziehungskraft zu verhelfen; ihre Gemeinden also nicht zu verlassen, sondern von neuen spirituellen Ausdrucksformen getragen und mit einem sensibilisierten sozialen Bewusstsein dorthin zurückzukehren. Ähnliches will die Bewegung von Renewal im jüdischen Bereich erreichen. Und wie die Idee von Taizé von Burgund (Frankreich) aus heute in alle Erdteile ausstrahlt, ist Renewal inzwischen dabei, sich auf mehreren Kontinenten auch international zu engagieren.

Ohel Hachidusch ist eine Frucht der seit circa 3-4 Jahren andauernden Aktivitäten, neue und meditative Formen der Spiritualität basierend auf altehrwürdiger Tradition auch in europäischen Ländern zugänglich zu machen. Unsere Gemeinschaft möchte zugleich ein Zuhause für Menschen bieten, die nicht mehr oder noch nicht Zugang zur jüdischen Tradition oder zu einer Gemeinde gefunden haben. Hier gibt es besonders in unserem geographischen Raum noch einige Probleme, da die vom deutschen Nazi-Regime (1933-45) verursachten Einschnitte in die Entwicklung des jüdischen Lebens noch nicht überwunden sind.

Das Judentum hat sich im Laufe seiner Geschichte immer weiter verändert, und viele geistige Strömungen hervorgebracht. Einige Bewegungen, die im 19. Jh. entstanden und das Profil jüdischer Denominationen bis heute prägen - wie die des Konservativen Judentums (Begründer Zacharias Frankl, Breslau) oder das Reformjudentum (Mitbegründer Abraham Geiger, Berlin) nahmen ihren Ausgang im deutschen Raum. Auch das moderne orthodoxe Judentum (Vorreiter Samson R. Hirsch, Oldenburg/ Frankfurt/M) wurde hier entwickelt. Mit dem Zerstörungswerk des Nazismus mussten all diese Richtungen samt ihrem geistigen Potential ins Exil gehen. In beiden Teilen Amerikas konnten sie neu Fuss fassen und sich weiter entwickeln und über vier Jahrzehnte später nach und nach auch an ihren Ursprungsort zurückkehren.

Mit Jewish Renewal kommt eine völlig neue Bewegung hinzu, die getragen wird von Menschen aus fast allen Strömungen – vom Reform- über das liberale bis hin zum konservativen Judentum. Theoretisch ist sie auch offen für die Orthodoxie, aus deren reichem, traditionellem Schatz sie selbst viel Inspiration bezieht. Dem steht leider in der Praxis entgegen, dass die Orthodoxie in der Regel nicht nachvollziehen kann, was für uns unverzichtbar zur Erneuerung gehört, nämlich Frauen und Männern eine gleichberechtigte Teilnahme an allen gemeinsamen Aktivitäten zu ermöglichen. Das ist ein Charakteristikum auch von Ohel Hachidusch – äußerlich bereits daran erkennbar, dass die Gemeinschaft mit Jalda Rebling, einer ihrer maßgeblichen Begründerinnen, eine weibliche Kantorin hat, die von ALEPH ausgebildet und ordiniert wurde.

Ein weiteres Ziel von Renewal ist, jüdische Identität, Kultur und Tradition ganz aus sich selbst heraus zu definieren und sich dabei nicht von der Geschichte mit ihren für das europäische Judentum besonders leidvollen und ausgrenzenden Spuren leiten zu lassen. Damit hoffen wir auch auf heilende Wirkung für das Judentum in unserem Land und sein Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften. Wie ALEPH insgesamt sind wir offen für das Gespräch mit anderen, z.B. christlichen Gemeinschaften, und bereit, auch von anderen Traditionen, z.B. dem Buddhismus oder Islam, zu lernen.

Ein großartiger Ausdruck, dass es dafür in Deutschland inzwischen eine ganz neue Grundlage gibt, ist, dass wir unser Zelt nun in der Gemeinde Vater Unser aufschlagen können. Darüber sind wir sehr froh und heißen natürlich jeden von Ihnen willkommen, der einmal miterleben will, was wir so machen.

Jona K. Kirchner, Juni 2010

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Am 2. Oktober/ 25. Tischri/ Schabbat Bereschit feierten wir nun unseren offiziellen Einzug gemeinsam mit Pfarrerin Werner und Mitgliedern ihrer Gemeinde mit einer Hawdala-Zeremonie, die von Kantorin Jalda Rebling geleitet wurde.

   

   

Ben (5 Jahre alt) half ihr begeistert. Sein Kommentar beim Betrachten der Fest-Fotos war:
 

„Ich habe mich zum Glück nicht verbrannt. Ich finde es schön, dass ich miteingeladen war. Ich habe mich auf das Essen sehr gefreut und mochte es gerne. Wussten eigentlich alle, dass ich schon fünf bin? Ich fand es schön, dass ich die Kerze halten und die Zettel verteilen durfte. Ich habe mich gefreut, dass ich neue Gesichter gesehen habe. Ich fand es schön, dass alle da waren. Es waren schöne Engel. Das Fest und der ganze Raum waren sehr schön und liebevoll. Aber ich hatte Angst, dass das Zimmer abbrennt, als Jalda die Kerze im Wein gelöscht hat. Eigentlich war das Lied, das der Mann gesungen hat, ein trauriges Lied. Ich fand es schön, dass abends die ganze Familie unterwegs war". 

Danach brachten wir als sichtbares Zeichen unseres Einzugs Mesusoth an den Türpfosten aussen am Gemeindehaus und an unserem Raum an:

 

 

Die Mesusah an unserem Raum  (unteres Foto) ist eine handgefertigte Keramik von Chajim, die Naomi und Ruth darstellt. Lieber Chajim, wir danken Dir sehr, auch für alle guten Wünsche, Gedanken und Erinnerungen, die Du in Dein Werk eingearbeitet hast.


Channah hat ihre Gedanken beim Anbringen der Mesusoth für uns aufgeschrieben:

Eine kleine, bunte Gruppe mit Menschen unterschiedlicher Religionen und  Herkunft zelebriert einen spirituellen  Ort der Begegnung. Die Vaterunser Gemeinde macht  Ohel hachidusch  nunmehr zum festen Zelt der Erneuerung.

Wir sind eingeladen und willkommen und bringen gemeinsam zum Zeichen  dieser Verbundenheit Mesusot an.

Sichtbar nach außen,  der Vorschrift entsprechend, bringen wir unsere erste am Eingang zum Gebäude draußen an. Alle singen Iwru, iwru bashearim panu derech ha am…und mit diesen starken Worten gehen wir durch das geöffnete Tor, die Treppe hinauf, und singend durch die offen stehende Tür in den Gemeindesaal, in dem wir unsere G’ttesdienst halten dürfen.

Die Mesusah, die wir  zum Saal anbringen, stellt Naomi und Ruth dar.

„Dringe nicht in mich dich zu verlassen, mich abzukehren von dir, denn wohin du gehst, gehe ich, und wo du weilst, weile ich; dein Volk ist mein Volk, dein Gott ist mein Gott.“ (Ruth 1;16)

Wie klug hat Chajim Grosser  das Motiv für diese Mesusah gewählt: die alte gebeutelte Naomi, die nach hause kommt und im Originaltext ein Geschrei auslöst durch ihre Rückkehr mit der jungen Frau anderen Glaubens.

Und die junge Ruth, die nicht von Naomi’s Seite weicht.

In der Vaterunser Gemeinde begegnen sich zwei Religionen - die Alte und die Junge- in Chessed, Agape, und Fürsorge in  einem Gottes Haus. Und wie ein Sinnbild dieser Verbindung wendet sich die Jüngere  in Fürsorge  dem Älteren zu. „Ein Ort ist, mit wem du bist“ (Berlin, 1996) schrieb Rabbiner Levinson.  Mehr noch:  in unserer bunten Gruppe, von Frau Pastorin Werner ankündigt, singt der gebürtige Inder Dhiraj Roy,  einen Lobgesang Gottes,  in Sanskrit aus den Upanishaden. Er ist Hindu und singt für uns von unser aller Schöpfer.

Wir beten singend. Das kann Mensch erst, wenn er Gott zuerst gehört hat.

Unser Vater,  Avinu, der Ewige,  unser Gott ruft uns an:  Schma, höre:

„Du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deiner ganzen Kraft…. Schreibe sie an die Pfosten deines Hauses und deiner Tore.“

(5. Buch Moses 6; 5+9)

Übersetzung aus: Siddur Schma Kolenu, Verlag Morascha Basel,2006, S. 54.

 
Die neuen Kontakte sind leise,zart und schüchtern.
Wir haben gemeinsam wirklich gefeiert:
Dein Gott ist mein Gott.  Vaterunser. Dein Volk ist mein Volk –

 
Danke allen Mitwirkenden.
(Die Upanishaden wurden ungefähr 1000 BCE. verfaßt.)

Channah Arendt Oktober 2010

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                                             Beth Jacob Thora in Berlin


                                      Beth Jacob Thora  

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Im Dezember 2008 übergab die Gemeinde Shir Tikvah aus Troy/Michigan
im Rahmen des "Torah Active Kiddushim" Programms Ohel Hachidusch
ihre Beth Jacob Thora. Ihre ältesten Teile stammen aus dem 18. Jahrhundert.
Die Thora stammt vermutlich aus der Tschechoslowakei. Deshalb war es auch der Wunsch
der Shir Tikvah Gemeinde, dass die Thora nach Europa zurückkehrt.

Anna hat einen tragbaren Aron HaKodesch gebaut, in dem die Thora sicher wohnt.
Wenn sich dieser Typ bewährt, bekommt die Thora einen Schrank aus biblischem Holz:
leicht, atmungsaktiv und schön.
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Januar 2010: Wirfreuen uns sehr über die neuesten Fotos aus unserer Partnergemeinde
Shir Tikvah in Troy/ Michigan. Sie zeigen, wie gut  Chajims Hawdala Keramik und unser Wimpel für die Blumenstein-Family Tora dorthin passen und wieviel Interesse unserer Ohel-Dokumentation entgegengebracht wird. Danke Shir Tikvah!


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Torafest am 28. November 2009/ Erew 12. Kislew 5770

Am 28. November 2009 gab es unterm Dach von Ohel Hachidusch ein ganz besonderes Fest. Gemeinsam mit Rabbiner Arnie Sleutelberg und zahlreichen Mitgliedern der Congregation Shir Tikvah in Troy/ Michigan, USA sowie mit vielen Ehrengästen und Gästen feierten wir unser Torafest.

Vorgeschichte:
Am 13. Dezember 2008/ 17. Kislew 5769 übergab Shir Tikvah nach einem Auswahlverfahren von 9 Bewerbern die Beth Jacob Tora unserer Kantorin Jalda Rebling. Der Rabbiner der Gemeinde, Reb Arnie Sleutelberg, schildert die bewegende Zeremonie:
"One of the most moving moments at Shir Tikvah was in December, when we presented our Beth Jacob Torah to Cantor Jalda to take to her congregation, Ohel HaChidusch, in Berlin, Germany at our Torah Alive! consecration service last December. Witnessing our Holocaust survivors place the Torah into her arms left us all with tears streaming down our cheeks.  She accepted the Torah with tearful emotion, then walked down the aisle as we sang “May you be blessed as you go on your way.”  We knew that we were witnessing a profound moment in the history of the Jewish people as our Torah began its way to Germany."  (www.shirtikvah.org).
Shir Tikvah hatte die  Beth Jakob Torah in den ersten Jahren ihres Bestehens als eine Spende erhalten. Heute ist Shir Tikvah eine starke Gemeinde, die eine eigene Tora, die Blumenstein-Family Tora, von der Soferet Jan Taylor Friedman hat schreiben lassen.
Anstatt die Beth Jakob Tora ungelesen im Aron Hakodesch der Gemeinde zu bewahren, haben die Gemeindemitglieder beschlossen, ihre erste Tora an eine kleine junge Gemeinde weiterzugeben, die noch keine eigene Tora hat. In einer Ausschreibung gab es 9 Bewerber aus den USA, Europa, Südamerika und Israel. Das Commitee of Trusties der Congregation Shir Tikvah entschied sich für Ohel Hachidusch e.V. in Berlin. 
Nun ist die Beth Jacob Tora seit einem Jahr in Berlin und lehrt jüdisches Wissen in einem kleinen kreativen jüdischen Verein. Es finden regelmäßig Gottesdienste und verschiedene  Lernveranstaltungen statt.  Es wird gelernt, diskutiert, gesungen, gekocht und Jüdischkeit gefeiert.

Kabbalat Schabbat und Torafest:

Am 27. November 2009 war es soweit: wir konnten Rabbiner Arnie Sleutelberg und 15 weitere Gäste aus seiner Gemeinde in Anna Adams Atelier zum Kabbalat Schabbat empfangen.
Es war ein ergreifender Gottesdienst, der von Rabbiner Arnie Sleutelberg gemeinsam mit  unserer Kantorin Jalda Rebling geleitet wurde.  Chajim Grosser sorgte für eine besondere Überraschung: er überreichte unseren Gästen selbst gearbeitete, kunstvolle Keramik  für die Hawdala-Zeremonie. Danach gab es einen Kiddusch. Bei den leckeren Speisen, die wir zubereitet hatten, kamen Gespräche schnell in Gang. Es breitete sich eine warmherzige, freundschaftliche Atmosphäre aus, die die Vorfreude auf den nächsten Abend steigerte. 


Unser Torafest fand am Abend des 28. November statt. Wir sind sehr dankbar, dass zu unseren Ehrengästen Rabbiner Tovia Ben-Chorin, liberaler Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Berlin und Rabbiner Walter Rothschild, Landesrabbiner von Schleswig-Holstein gehörten.

     

Wir feierten an einem historischem Ort: im Betsaal des Ehemaligen Jüdischen Waisenhauses in Berlin-Pankow. Das Waisenhaus wurde 1882 gegründet und beherbergte zeitweise bis zu 100 Waisenkinder. Sie wurden 1940 in die Konzentrationslager verschleppt. Jeder von uns spürte die atmosphärische Dichte in diesem Raum, in dem zum ersten Mal seit 1940 wieder Tora gelesen wurde. Ein grosses Loch in der Wand wurde in dem von der Cajewitz-Stiftung renoviertem schönen Raum bewusst so gelassen: Dort war der Aron Hakodesch des Waisenhauses herausgerissen worden. Wenige Meter entfernt stand nun unser eigener, von Anna Adam gebauter, tragbarer Aron Hakodesch mit der Beth Jacob Tora, deren einzelne Teile zwischen 70 und über 200 Jahre alt sind und bestimmt auch schon viel erlebt haben bevor sie -wahrscheinlich aus der ehemaligen Tschechoslowakei- in den USA in Sicherheit gebracht wurden. 

    
Nach der Hawdala, die von Rabbiner Arnie Sleutelberg und Kantorin Jalda Rebling geleitet  wurde, hob Anna Adam nach einer kurzen Begrüssung unserer Gäste die Beth Jacob Tora aus ihrem Schrein. Die Tora wurde dann in einer feierlichen Prozession in die Mitte des Raumes getragen und auf einem langen Tisch ausgerollt. Schonend zusammen gehalten wurde die Tora  von einem von uns allen unter Ellas fachkundiger Anleitung besticktem Wimpel, einem aschkenasischen Brauch aus dem späten Mittelalter (Fotos s.u.).
Wir -ca. 90 Menschen- sassen in einem grossen Kreis um die Tora, so dass jeder nahe genug war, um wirklich dabei zu sein. Manche von uns waren bisher noch nie einer Tora so nahe gekommen. 

 

 
Jetzt kam der Höhepunkt unsereres Festes: Die Beth Jacob Tora hat neun Nahtstellen, an denen die unterschiedlich alten Teile zusammengesetzt wurden. Genau diese Textstellen wurden nun von unseren drei Ehrengast-Rabbinern, Mitgliedern von Shir Tikvah, Oren Roman aus Jerusalem sowie von unserer Kantorin, Jona und Anja von Ohel Hachidusch gelesen, kommentiert  und mit Segenswünschen geehrt.  Weitere Ehrengäste waren Pfarrer Christian Zeiske von der Gethsemanekirche und zwei muslimische Freundinnen Myriam und Gitti- Fatima. 

    

Die Beth Jacob Tora ist in Berlin angekommen.

Nachdem die Tora in den Aron Hakodesch zurückgebracht worden war und Rabbiner Tovia Ben-Chorin den Kaddisch der Rabanan gesagt hatte, überreichte Angela R. unseren amerikanischen Gästen eine ca. 7 m lange Ohel - Rolle mit persönlichen Beiträgen unserer Mitglieder, mit Fotos und bewährten Kiddusch-Rezepten von Ohel Hachidusch. Angela fasste in ihrer Rede vieles zusammen, was uns während der Feier bewegte. Hier der Text:
" Lieber Arnie,  dies ist ein kleines Geschenk von unserer Gruppe Ohel Hachidusch. Seit unserer Begegnung gestern Abend und dem gemeinsamen Schabbat feiern, denke ich, dass Du und auch die anderen Mitglieder von  Shir Tikvah gefühlt haben, wie wichtig Euer Geschenk der Beth Jacob Tora  für uns ist.  Es war ein wichtiger Schritt in dem Prozeß mehr  Verantwortung zu übernehmen. Für  uns als Gruppe bedeutete es aber auch, dass Ihr die Wichtigkeit, ein neues jüdisches religiöses Leben in Deutschland nach der Shoah aufzubauen gesehen habt ,  in die auch die neuen Entwicklungen integriert sind. Für diese Möglichkeit möchten  wir Euch danken. Dieses Geschenk ist auch wie eine kleine Tora und enthält einige sehr persönliche Aussagen von einigen Mitgliedern von Ohel Hachidusch über die Zeit der letzten zwei Jahre, seitdem wir eine stabilere Gruppe wurden.Vielen Dank für Euren Besuch in Berlin zu dieser Feier."
Anja übergab unseren Gästen aus Troy einen ebenfalls von uns handgefertigten Wimpel für ihre neue Blumenstein-Family Tora. Anjas Rede findet ihr anschliessend.

Nun folgten weitere inspirierende Worte von Rabbiner Tovia Ben-Chorin. 
Der ganze Abend wurde von uns allen mit Liedern, Nigunim und Chants zusammengewoben, geleitet von unserer Kantorin Jalda Rebling.
Rabbiner Walter Rothschild leitete anschliessend den Kiddusch. Die kulinarischen Köstlichkeiten hatten Gaby Nonhoff  und zahlreiche talentierte Hobby-Köchinnen von Ohel Hachidusch liebevoll zubereitet und viele helfende Hände flink aufgetragen.
Mit Gesang und persönlichen Gesprächen ging dieser Abend zu Ende. Vielen Dank allen, die ihn zu einem so besonderen spirituellem Erlebnis gemacht haben.

Für die Überlassung der Fotos bedanken wir uns herzlich bei Herrn Marco Limberg

(Dieser Text ist ungewöhnlich ausführlich ausgefallen. Die Feier war aber für uns als Gemeinschaft so wichtig, dass eine kurze Beschreibung ihr nicht gerecht würde).

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Hier ein Text von Rabbi Arnie Sleutelberg aus Troy/Michigan, in dem er seine Eindrücke von unserem gemeinsamen Torafest und seinem Besuch in Berlin zusammenfasst. Den zitierten Artikel aus der "Jüdischen Allgemeinen" können Sie auch auf unserer Presseseite lesen.


Die Rolle aus Amerika
The Torah Scroll from America

FEIER Ein Rabbi aus Detroit liest aus der Tora, die seine Gemeinde Berlin schenkte

CELEBRATION  A rabbi from Detroit reads from the Torah which his congregation had gifted to Berlin

So read the headlines of a feature article in the Berlin Jewish News, the “Jüdische Allgemeine.”

http://www.juedischeallgemeine.de/epaper/pdf.php?pdf=../imperia/md/content/ausgabe/2009/ausgabe49/14.pdf


After deciding to commission the writing of a new Torah, the Board of Trustees of Congregation Shir Tikvah decided to share our good fortune by passing forward a Torah which had been gifted to us by Temple Beth Jacob in Pontiac.  We sought to find a deserving, viable, egalitarian congregation for whom this would be their only Torah.  A Torah donation committee was formed, applications were distributed around the world on the internet, and nine deserving applications were received.  The committee narrowed the field to three and the Board of Trustees chose Ohel HaChidusch in Berlin, Germany for several reasons.  First, they are egalitarian and viable with devoted leadership.  Second, unlike other Berlin congregations, they are welcoming of the intermarried, as well as those who, 60 years after the Holocaust, are attempting to reconnect with their Jewish ancestry (though technically not yet Jewish themselves).  And like Shir Tikvah, they are welcoming of the Lesbian, Gay, Bi and Transgender community.

In Shir Tikvah’s new Ark a place of holy memory will always be kept for our Holocaust Torah.  It came to us because its congregation in Eastern Europe was destroyed.  However, now that there is a resurgent Jewish community in Eastern Europe, even in Germany’s capitol, it is fitting that we return a Torah, the Beth Jacob Torah, to Eastern Europe, to Berlin, in a clarion call proclaiming that Am Yisrael Chai, the People of Israel lives.


At our Dedication Ceremony last December, representing Ohel HaChidusch was their spiritual leader, Cantor Jalda Rebling.  Our President, Erica Peresman and our Torah donation committee chair, Eileen Nowikowski, passed the Beth Jacob Torah to Shir Tikvah’s Holocaust survivors, Edith Bernstein, Wolf Gruca, John Kovacs and my Mom, Edith Sleutelberg, who, on our behalf, passed the Torah to Cantor Rebling.

In the most moving moment of the evening, Cantor Rebling accepted the Torah, tearfully thanked the congregation, and slowly walked off the Bima and down the aisle as the congregation equally tearfully sang, “May You Be Blessed As You Go On Your Way” by Debbie Freedman.  This moment proved once again what we all know already; that as great as it is to receive, it’s even better to give.

Nearly a year later, Congregation Ohel HaChidusch hosted its Torah Consecration ceremony in the sanctuary of what was formerly a Jewish orphanage.  With representatives of the Christian and Muslim faiths in attendance, 3 rabbis, 1 cantor, 20 people connected to Shir Tikvah, and dozens of others, the Beth Jacob Torah was taken from its newly constructed Ark, unwrapped from its newly embroidered Wimple, unrolled, read, and consecrated.  Seven times a portion was chanted, and beautiful Divrei Torah with blessings were shared, many by Shir Tikvah members.  I had the privilege of chanting the Priestly Benediction.

Irv Wengrow from Troy shared that being a part of the Kabbalat Shabbat service and Consecration helped him to know that we had made the right decision in gifting the Torah to Ohel HaChidusch.  A film crew documented the evening as well as reporters from Berlin’s newspapers.  It was thrilling to be a part of this historic event. 

Ohel HaChidusch, because it is welcoming of those who are shunned from other congregations, has had difficulty obtaining funding or any assistance from Berlin’s Jewish community.  How sad that they are discriminated against as a congregation for being open and welcoming.  Many descendants of pre-war Jews are discovering their Jewish roots and are desirous of connecting with the Jewish community while pursuing conversion.  Unlike other Berlin congregations, Ohel HaChidusch is welcoming of those who wish to learn, experience and grow into their Judaism.

In addition to participating in the Shabbat and Consecration services, we toured Berlin, taking in the sites of East and West, the remnants of the wall, the new government buildings, the Reichstag, the Holocaust Memorial and Museum, and numerous other memorials and cemeteries.  But most of all, we listened to stories … of the war, the wall, Jewish life under communism, and the resurgent Jewish community.

Cantor Jalda Rebling was born in Amsterdam just after the war.  At the age of 2 her family moved to East Berlin in a futile effort to help build a socialist country of the highest standards.  And there she has lived ever since.  She was active in the movement that ultimately tore down the wall.

In a rare swift example of “what goes around, comes around,” Cantor Jalda has accepted an offer to be Shir Tikvah’s High Holy Days Cantor this fall.  Ohel HaChidusch is always lay-lead for the High Holy Days in order to be able to afford Cantor Jalda the rest of the year.  She will grace our services with her angelic voice and soulful spirit.  And, as Scholar-in-Residence, she will be in Troy January 15-16 for services and a Shabbat afternoon pot-luck third meal with Havdallah.

As the son of Holocaust survivors, for me anything German was loathed.  Buying anything German was impossible, let alone traveling there.  Many times during our trip I asked myself, “What am I doing here?”  But most of the time I found myself impressed with the deliberate way modern Germany deals with its past and consciously learns from it.  The Holocaust is ever present in Berlin, as it actively informs Germans how to make their present and future more civilized.  It appears to me that a future holocaust could happen in most any place around the world sooner than in Germany.

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